Montag, 22. September 2014

Der eine Priester und die vielen
oder:warum gibt es neben dem einen Priester Jesus Christus noch die vielen anderen?

Fangen wir ab ovo an. Befrügen die deutschen Bischöfe das Kirchenvolk, wozu es Priester bräuchte,ob Gott das Priestertum wolle und die Menschen es bräuchten?, wir brauchen keine Propheten zu sein, um das Ergebnis voauszusagen: Pfarrer und Gemeindeleiter ja, aber Priester, das sei wohl was zutiefst Mittelalterliches. Es sei denn,man verwechselt den Priester mit dem vom Priester ausgeübten Beruf Beruf des Pfarrers. Den könne man wohl noch was Sinnvolles abgewinnen.

1. Priester-Nein Danke: Gottes Liebe und das Priesterum schließen sich aus!

Vulgärtheologische Vorstellungen fundieren diese Meinung: Gott sei die Liebe, er liebe alle Menschen und wolle, daß die Menschen sich untereinander lieben.Etwas Frömmere ergänzen dann noch: und daß wir Gott lieben sollen.Psychologisch Visiertere fügen dann noch hinzu, daß die Liebe Gottes uns zur Selbstannahme befähige, Gottes großes Ja zu mir, das mich befähigt, auch zu mir Ja zu sagen. So, unendlich variiert, kann man es in Religionsunterrichtsstunden und Gottesdienstpredigten hören.In dies Gottesbild paßt das Bild eines Priesters nicht hinein! Wie ein Fremdkörper wird es ausgestoßen als inkompatibel mit dem Glauben an Gott als die Liebe. Der theoretischen Verneinung des Priestertumes folgt dann die praktische auf den Fuß: immer weniger Männer wollen Priester werden. Denn das Priestertum als solches ist etwas Gottwidriges, wenn Gott wirklich die Liebe ist. Nicht aus Mangel an Glauben und Frömmigkeit, sondern gespeist aus diesem Gottesbild folgt das: „Nein!“ zur priesterlichen Berufung!

Nietzsches Wort über Jesu: „Die Kirche ist exakt das, wogegen Jesus gepredigt hat-und wogegen er seine Jünger kämpfen ließ.“1 ist bekannt. Wenn schon alle Religionen ein Priestertum kennen, dann wäre das Besondere Jesu, genau jedes Priestertum und damit die Kirche abzulehnen. Aber der Apostelfürst Paulus ist für Nietzsche ja der eigentliche Konstrukteur des Christentums. Jesu „Attentat auf Priester und Theologen mündete, Dank dem Paulus,in eine neue Priesterschaft und Theologie-einen herrschenden Stand, auch eine Kirche.“2 Die Vorstellung eines prinzipiell kirchen-und priestertumsfeindlichen Jesu, dem dann das kirchliche Christentum mit Priestern und Opfern gegenübergestellt wird, gehört spätestens seit Nietzsche zum Inventar des liberalen Protestantismus und des liberalen Katholizismus. Jesus wollte weder Priester noch Kirche.So tönt J.Blank: „Nach dem Hebr ist Jesus Christus deshalb das Ende von Opferwesen und Priestertum,weil er selbst sowohl die vollkommene Opfergabe als auch der vollkommene Hohepriester ist,und zwar beides in einem, in seiner eigenen Person.“3 Nur einer unglücklichen Einpassung an die heidnische Umwelt verdanke es, daß aus Jesu Jüngern eine hierachisch-priesterliche Kirche werden konnte. Nietzsche sieht schon in Paulus den Anpasser an „das große Bedürfnis der heidnischen Welt“4, andere verorten den Abfall später. Gemein ist ihnen aber die Zustimmung zur Parole: Jesus verkündete das Reich Gottes, es kam aber die Kirche. Und mit ihr kamen die von Jesus abgeschafften Priester wieder.Wenn Jesus kein Priester war, sein Kreuzestod kein Sühnopfer, dann hieße die Parole: weil er keiner war, darf es im Christentum auch keine Priester neben ihm geben.


2.Weil Jesus der wahre Priester ist, darf es kein Priestertum mehr geben.

Luther war hier gemäßigter: weil Jesus der wahre Priester ist, darf es neben ihm keine anderen Priester mehr geben. Konsequenterweise schaffte Luther so das Amtspriestertum ab und ersetzte es durch Pfarrer, die keine Priester mehr waren.Deshalb verwarf er auch das Zölibat, denn es gibt keinen Grund dafür, daß der Pfarrer als Gemeindeleiter zölibatär zu leben habe, wenn er kein Priester mehr ist. Aus dem priesterlichen Gemeindevorsteher wurde so ein bürgerlicher Beruf, den erst nur Männer, dann aber auch Frauen ergreifen durften, weil er nun ein bürgerlicher Beruf wurde.
Unter dem Wandel zum bürgerlichen Beruf sei verstanden, daß aus einem heiligen Stand, der dem Weltlichen entzogen ist,dem Priestertum, ein weltlich Ding wurde, ein Beruf in der Spannung zum Privatleben in der Familie und dem Staatsbürgerleben. Der Bürger existiert nur als Bürger,indem er in verschiedenen Räumen lebt, dem des Berufes in der Gesellschaft, in der Familie als Privatperson und als Staatsbürger im Raume des Staatslebens. Der Priester existiert dagegen nur im Raum des Heiligen. Er lebt sozusagen außerbürgerlich, damit der Bürger bürgerlich leben kann, vergleichbar dem Nachtwächter, der wacht, damit alle anderen des Nachts ruhig schlafen können.

  1. Ein Priestertum ist antichristlich ?

Also, wir stehen vor der Auswahl, daß entweder das Priestertum als solches schon ein Irrtum sei, weil Gott die Liebe sei, oder das Jesu besondere Anliegen die der Abschaffung des Priestertumes sei,oder daß Jesus, indem er der wahre Priester war und ist, jedem Priestertum neben ihm verwirft. Wer Jesu als Priester nachzufolgen versucht,verfehlte so hundertprozentig Jesu eigenstes Anliegen. Eine Konsequenz hat das: Das Alte Testament mit seinem dort als von Gott gewolltem und eingesetztem Priestertum wäre ein einziger Irrtum gewesen. Nur ein paar kultkritische Aussagen blieben da vom Alten Testament übrig. Wir müßten also doch zu klamheimlichen Marcionanhängern werden, der ja das ganze Alte Testament als mit Jesu Verkündigung unvereinbar eliminieren wollte. Und der Ablehnung jeden Priestertumes gegenüber wohnt wirklich ein Schuß Marcionismus inne. Jesu wird als das ganz Andere begriffen, der Nein sagt zur natürlichen Ordnung der Welt, zu der eben auch das Priestertum gehört, insofern es ein Produkt der natürlichen Gotteserkenntnis ist. Dies Auseinanderreißen von der natürlichen Ordnung und der jesuanischen Gnadenordnung, daß um der Gnade willen die Naturordnung perhorresziert, ist etwas Marcionitisches.

4.Opfer und Priestertum

War Jesu ein Priester und war sein Kreuzestod ein Sühnopfer? Vor dieser Frage stehen wir jetzt. Und können wir diese nicht beantworten, erübrigt sich die Frage, ob es neben Jesu im Christentum noch ein legitimes Priestertum geben könnte. Es könnte nämlich nur eines geben, gäbe Jesus Menschen Anteil an seinem Priestertum. Aber um diese Frage respondieren zu können, müssen wir zuerst wissen, was das Priestertum von seinem Wesen her ist,um dann erst zu fragen,ob Jesu Priester war und sein Kreuzestod ein kultisches Opfer. Ein verfehlter Christozentrismus, ausgehend von der sogenannten „dialektischen Theologie“ hat hier viel Schaden angerichtet, indem man nun meinte, erst in Jesus Christus wäre erkennbar, was das Priestertum und das Opfer sei.Nicht könne und dürfe ein vorchristlicher Begriff des Priestertums konstruiert werden, um dann zu eruieren,ob und inwieweit Jesus ein Priester war. Diese Position vertreten unter vielen auch Hilberath und Schneider in ihrem Lexikonartikel: Opfer.5 Das ist aber erkenntnistheoretisch ein Irrweg: ich muß über den Begriff des Priesters verfügen,um urteilen zu können, ob Jesus ein Fall des Priestertums ist. Paulus sagt, daß das Gesetz der Pädagoge auf Christus hin ist. Ausgeschlossen ist damit die Vorstellung einer unmittelbaren Erkenntnis Jesu. Das Alte Testament bzw die natürliche Gotteserkenntnis präpariert uns Menschen pädagogisch zur Christuserkenntnis. Somit gilt: das Wissen um Opfer und Priestertum, gegründet in der natürlichen Gotteserkenntnis und der besonderen im Alten Bund bildet den Elementarunterricht, auf dem Jesu Lehre und Wirken aufbaut.
Das ist nebenbei gesagt das heute noch zu würdigende Anliegen der Uroffenbarungskonzeption P. Althaus gegen die dialektische Theologie und isb, gegen Karl Barth.


  1. Opfer und Priester im Alten Bund

Dieses Programm kann hier nicht eingelöst werden. Deshalb werden hier Vorüberlegungen präsentiert. An drei Erzählungen aus dem Alten Testament soll erörtert werden, was das Opfer ist und damit die Frage: wozu gibt es Priester?

Wir dürfen davon ausgehen, daß die allseits bekannte Sintflutgeschichte auch eine Kultätiologie enthält. Die Erzählung beantwortet die Frage: Warum bringen wir Gott Opfer dar? Der Sitz im Leben dieser Geschichte ist also die Infragestellung ser Selbstverständlichkeit des Opferkultes.Das spricht exegetisch ob dieses Reflexionsniveaus für eine nachexilische Entstehungszeit, zumal die Erfahrung eines opferkultlosen Gottesdienstlebens im Exil, weil nur in Jerusalem Gott wohlgefällige Opfer dargebracht werden würden, die Selbstverständlichkeit des Opfers in Frage gestellt haben dürfte. Noah bringt Gott das Opfer dar. Gott bereitet dies Opfer ein so großes Wohlgefallen, daß er beschließt, die Welt, obwohl die Menschen weiterhin bösen Herzens sind,nicht mehr zu vernichten. Gott vernichtet die Welt nicht, damit ihm weiterhin die ihm wohlgefälligen Opfer dargebracht werden. Es ist bezeichnend, daß in der Nacherzählung dieser Geschichte in den „Nachtwachen des Bonaventura“ der romantische Schriftsteller genau dies Opfer wegläßt.6 Dem nachaufklärerischem Verfasser ist das zu viel unaufgeklärtes Mittelalter. Daß Gott um des Kultopfers willen die Erde weiterbestehen läßt, das ist die Aussage dieses Textes. Selbstverständlich meint dies nicht ein einmaliges Ereignis. Nein, die Kultpraxis der nachexiklischen Zeit reflektiert hier auf ihren Ursprung: warum wird Gott geopfert. Die sogenannte priesterliche Theologie verblüfft den aufmerksamen Leser ja immer wieder damit, daß der Ausführlichkeit liturgischer Bestimmungen über das Opfer gegenüber eine fundamentaltheologische Reflexion über das Wozu des Opfers fehlt. Das leistet gerade dieser Text in seiner eigentümlichen Spannung zwischen einem pessimistisch-realistischen Menschenbild und der These, daß der Mensch trotzdem Gott wohlgefällige Opfer darbringen kann. Noah, der einzig Gerechte bringt das Opfer dar. Damit ist schon präfiguriert, daß nur von der Allgemeinheit ausgesonderte Menschen, Priester Gott wohlgefällige Opfer darbringen können. Darum gibt es ja im Alten Bund besondere Heiligkeitsgesetze ausschließlich für den Stand der Priester. Sie müssen sich besonders vor jeder Verunreinigung bewahren, um Gott wohlgefällige Opfer darzubringen.

Ein Szenenwechsel

Wir befinden uns im Jahre 520 v. Chr. Das israelische Volk, heimgekehrt, beginnt mit dem Wiederaufbau.Erst Wohnungen für sich bauen, mit der Landwirtschaft wieder anfangen und wenn das Lebensnotwendige geschafft ist, dann soll auch der Tempel des Herrn wieder erbaut werden.
Der Prophet Haggai verkündet nun, auf die Trümmer des alten Tempels verweisend: „Ist etwa die Zeit gekommen, daß ihr in euren getäfelten Häusern wohnt, während dieses Haus in Trümmern liegt?“ (Hag1,4). Weil es keinen Tempel und keinen Opferkult gibt, darum leide das Volk an Mangel an allem, Mißernten, zu wenig Wein, keine wärmenden Kleider, ja selbst der Geldmangel, ein Zuwenig an Kaufkraft-all dies ist die Folge davon, daß Israel den Tempel vernachlässigte, und ohne
Gottes Segen ernten und wirtschaften wollte.

Der Tempel Gottes mit seinem Opferkult ist so für das Elementarste des Lebens notwendig. Der Kult gehört nicht in den Freizeitbereich als Verschönerung, als Verklärung des Lebens, er bildet das Fundament für das Leben, daß des Menschen Arbeiten Frucht bringt, weil Gott es segnet. Der Gott Israels war und ist immer auch der Gott der Fruchtbarkeit, der Ernte und des Kindersegens. Das fromme Israel wußte aber auch immer, daß Gott gebeten werden will, damit er gibt. Nur wenn die Beziehung des Volkes zu Gott in Ordnung war, gab Gott, war sie gestört, durch Sünden des Volkes, mußte sie wieder in Ordnung gebracht werden durch Sühnopfer und Bittopfer. Abstrakter formuliert: jede Religion setzt voraus, daß Gott oder die Götter sich kontingent zum Verhalten der Menschen verhalten. Religion würde sich zur Magie, wenn der Gott durch eine kultische Praxis so beherrscht werden könnte, daß der Magier sagen kann: immer, wenn ich es recht praktiziere, wird der Gott uns das geben, was wir von ihm wollen. Religion setzt Gott als Souverän voraus, der aber bereit ist, ein Opfer zu erhören und so die Bitten seines Volkes zu erhören. Es weiß, daß Gottes Erhören ein Akt der Gnade Gottes ist. Gott will aber erhören, wenn die Menschen gemäß Gottes Ordnung ihm die Opfer darbringen. Die Kultkritik im Alten Bund ist so die Kritik der Priester und des Volkes, nicht gemäß Gottes Willen den Opferkult zu praktizieren. Nicht wird der Kult verneint.
Die primär kultische Religion wird erst ethisch durch die Einsicht, daß nur reine Hände-im moralischen Sinne- Gott wohlgefällige Opfer darbringen können. Weil so viel Blut an König Davids Händen klebte,durfte er ja den Tempel nicht erbauen, sondern erst König Salomon.


Eine Szene aus den jüdischen Befreiungskriegen

Jüdische Soldaten waren in einer Schlacht gefallen, Sie sollten nun beerdigt werden.Da entdeckte man an ihnen Amulette der Götter von Jamnia. (Vgl: 2. Makkabäer 12, 32-45) Sie hatten das Beisichtragen von Götzenamuletten vor dem Tode im Kampf zu schützen. Deswegen war der Zorn Gottes über sie gekommen, sodaß sie in der Schlacht fielen. Eingedenk der Verheißung der Auferstehung von den Toten entühnte man die so Gefallenen, damit auch sie ins ewige Leben eingehen könnten.Es wurde ein Sühnopfer für die Gefallenen dargebracht. (Es ist kein Zufall,daß Martin Luther diesen Text als den Schriftbeleg für das Meßopfer zugunsten Verstorbener aus dem Bibelkanon streichen ließ!) Diese Sünde, sein Leben unter den Schutz eines Götzenamulettes zu stellen, war keine lässige Sünde. Gott bestrafte sie mit dem vorzeitigen Tode und dem Ausschluß von der Auferstehung der Toten zum ewigen Leben dafür. Aber der selbe Gott des gerechten Strafens hat auch den Kult der Entsühnung eingesetzt: daß die Gemeinde für ihre Verstorbenen Meßopfer darbringen kann, umso sie zu entsühnen und den Weg frei zu machen für das ewige Leben.

Ein Resümee:

Das Opfer und die Priester, die die Opfer darbringen, sind für das Leben von elementarster Bedeutung: der Zorn Gottes, der gerechte, wollte die Erde, Gottes eigenes Schöpfungswerk vertilgen, weil es sich ganz der Sünde hingegeben hatte. Aber um des Opferkultes willen, von Noah initiiert, verschont Gott seine Schöpfung vor dem sie vernichtenden Gericht. Selbst das Elementarste des Lebens, Nahrung, Kleider und den Wein zur Lebensfreude ist abhängig vom Opferkult.Nur wenn der Tempelkult existiert, gewährt Gott das Lebensnotwendige. Aber das Leben ist nicht endlich. Gott verheißt ewiges Leben.Damit wir Menschen eingehen können in das ewige Leben hat Gott die besondere Praxis des Sühnopfers für Verstorbene eingesetzt. Die Priester, Gottes besondere Diener sind für das Opfer zuständig, denn ohne Priester kein gültiges Opfer. Damit haben wir eine vorläufige, das ganze Wesen des kultischen Opfers sicher noch nicht erfassendes Vorverständnis vom Opfer uns erarbeitet, um zu fragen: wie verhält sich Jesu Kreuzestod zu diesen Opfern.



6.Ist Jesu Kreuzestod ein Opfer?

Um für die schwierige Frage, war Jesu Kreuzestod ein Opfer, ein Sühnopfer, soll jetzt aber ein Experiment gewagt werden. Selbstredend ist der spekulativen Begründung, warum ist der Kreuzestod Jesu ein Opfer?, wie sie mustergültig Ott in seiner Dogmatik entfaltet, zuzustimmen.
Spekulativ läßt sich der Opfercharakter des Kreuzestodes Christi daraus begründen, daß alle Erfordernisse des Kultopfers erfüllt waren.“ „Die Opferhandlung bestand darin, daß Christus in der Gesinnung vollkommenster Selbsthingabe an Gott freiwillig sein Leben hingab, indem er die gewaltsame Tötung zuließ, obwohl er die Macht hatte, sie zu verhindern. Vgl Jo 10,18.“7 Als Ergänzung dieser spekulativen Entfaltung soll aber nun dieser Gedanke hinzugefügt werden: Wenn es die vornehmste Aufgabe des Priesters ist, Gott Opfer für das Leben darzubringen, was tat dann der Hohepriester Kaiphas, als er -verantwortungsethisch reflektiert beschloß, einen zu opfern, um vielen das Leben zu retten? Die Aufgabe des Hohenpriesters ist es, das Sühnopfer darzubringen; in ihm kumuliert das Priestertumes zu seiner vollsten Entfaltung. Fragen wir: woran ist Jesu Kreuzestod als Sühnopfer erkennbar, dann können wir antworten: gerade daran, daß der Hohepriester Kaiphas Jesus opfert, um die Vielen zu retten. Gott selbst gab ihm dies ein! Das ist deine Berufung, sagt Gott zum Hohepriester: den einen zu opfern, um die vielen zu retten.Auch hier gilt, wie in den drei Fällen aus dem alten Bund: das Opfer soll den Zorn Gottes wieder von Menschen abwenden und damit die Voraussetzung dafür legen, daß der gerechte Gott wieder gnädig zu den Seinen ist.

Hätte Jesus sein Opfer nicht ohne das Mitwirken des Hohepriesters darbringen können? Sicher, aber Gott wollte es nicht. Gott selbst hat das Priestertum des alten Bundes installiert, damit es Gott nun in der Gestalt des Hohepriesters Kaiphas das Sühnopfer darbringt. Jesu Sühnopfer soll so nicht die reine Negation des alten Bundes sein, sondern ihre Vollendung. Und darum wirkt das gewichtigste Amt des alten Bundes, der Hohepriester bei diesem Sühnopfer mit! Gott bejaht das Amt und seinen Amtsträger als Kooperator Gottes. Und das ist die tiefste Wahrheit des priesterlichen Amtes!

  1. Das eine und die vielen Opfer

Wie verhalten sich nun die vielen Opfer des alten Bundes zu dem einen Opfer Jesu Christi? Das eine Opfer und die vielen Opfer. Es gibt verschiedene Möglichkeiten: es sind verschiedene Opfer, wobei dem Opfer Jesu dann eine besondere Bedeutung zukäme oder es gibt ein Opfer, das des Kreuzes und die anderen sind keine Opfer oder es gibt nur ein Opfer, das die Substanz aller Opfer wäre, so wie es ein Menschsein gibt, das sich in vielen Menschen individuiert. Wäre es eine Serie von Opfern, dann ergäben sich beachtliche Folgeprobleme: wenn das Sühnopfer für die gefallenen Soldaten, wie im Makkabäerbuch geschildert, zur Entsühnung Verstorbener hinreichend wirksam ist, wozu starb dann Jesus noch am Kreuze? Und wenn das von Noah initierte Kultopfer ausreicht, um Gottes Zorn von seiner gefallenen Schöpfung abzuhalten, wozu bedurfte es dann noch des Opfers Jesu? Nimmt man die Opfer und den Opferkult des alten Bundes ernst, daß so die von Gott gewollten Opfer dargebrcht wurden von den dazu bestimmten Priestern, dann erscheint Jesu Opfer als überflüssig. Soll aber Jesu Opfer das wahre, Gott wohlgefällige Opfer sein, dann entwertet das die Opfer des alten Bundes. Ott bezeichnet in seiner Dogmatik die Opfer des alten Bundes als „Vorbilder des Kreuzesopfers Christi“.8 Aber so schriftgemäß das auch ist, vgl Hebr 8-10, so läßt auch dieser Begriff uns im Unklaren: ist das Vorbild ein selbstständiges Bild, also ein vom Kreuz Christi verschiedenes Opfer, das dieses nur vorabbildet,oder ist es bildtheoretisch gemeint, daß das Bild von etwas nicht das Etwas selbst ist, sodaß es gar kein wirkliches Opfer wäre. Wie könnte aber ein nichtwirkliches Opfer so viel Kraft haben, Gottes Zorn von seiner Schöpfung abzuwenden?

Dies Problem reproduziert sich in Hinsicht auf die Praxis der Meßopfer des neuen Bundes. Wozu bringen Priester der Kirche das Meßopfer dar, wenn das eine Opfer Jesu am Kreuze schon das wahre alleingenügsame ist? Und wenn es nur Bilder des wahren Opfers wären, wären es dann keine wirklichen Opfer mehr? Aber das Konzil von Trient lehrt eindeutig über das kirchliche Meßopfer:
Und weil in diesem göttlichen Opfer, das in der Messe vollzogen wird, jener selbe Christus enthalten ist und unblutig geopfert wird, der auf dem Altar des Kreuzes ein für allemal sich selbst blutig opferte (vgl: Hevr 9,14 27):so lehrt das heilige Konzil,daß dieses Opfer wahrhaft ein Sühnopfer ist.“9 Gott wird durch das Meßopfer versöhnt. „Durch die Darbringung versöhnt“10 Gott wird durch das Kreuzopfer versöhnt und durch das Meßopfer und auch das Sühnopfer für die gefallenen Soldaten der Makkabäer versöhnte Gott. Das „und“ wird uns nun zum bedrängenden Problem. Denn, wenn nur das Kreuzopfer Christi Gott versöhnte, dann könnten die Opfer desalten und des neuen Bundes keine wirklichen Opfer sein und dann wären die Priester des alten wie des neuen Bundes keine Priester. Wenn es aber eine Serie von Opfern wäre, dann wäre das Kreuzopfer Jesu nicht das eine Opfer, ja es könnte auch fehlen, weil die anderen schon so wirksam sind!

Solange wir fragen: wenn es das eine Opfer Jesu am Kreuze gab, warum gibt es dann noch die vielen anderen?, können wir darauf keine Antwort finden. Das eine Kreuzaltaropfer verunmöglicht es, weitere Opfer neben diesem einem Opfer zu denken. Hiermit hat Luther recht. Gäbe es neben dem einen noch viele, würde dadurch das eine entwertet zu einem von vielen. Eine Serie von Opfern entwertete notwendig die Einmaligkeit des einen Opfers. Wenn das eine Opfer Jesu das wirkt, was die Kirche von ihm lehrt, dann nichtet dies eine jede Legitimität weiterer Opfer. Ich sehe aus diesem Dilemma, entweder alle Opfer außer dem einen Opfer Jesu für nichtig zu erklären, oder um der vielen Opfer willen das eine herabzustufen zu einem unter vielen, ohne daß dann die Notwendigkeit dieses einen Kreiuzesopfers noch begriffen werden könnte, nur einen Ausweg. Dieser mag etwas spekulativ anmuten, aber ist besser, als vor dem ungelösten Problem zu kapitulieren.

Die These lautet: das eine Opfer, dem wir unsere Entsühnung und unser Heil zu verdanken haben, ist selbst die dialektische Einheit des Urbildes des Opfers,Jesu Christi Opfer und den vielen Abbildern dieses einen Urbildopfers. Ein Vergleich mag dies erhellen: das mendschliche Selbstbewußtsein ist die Setzung der Differenz von Ich und dem gewußten Ich und die Aufhebung dieser Differenz in der Einssetzung des gewußten Iches mit dem wissenden Ich. Die dialektische Einheit ist gerade diese komplexe Prozeß der Setzung von Differenz und der Aufhebung der gesetzten Differenz. Das Kreuzaltaropfer ist somit nicht einfach das eine Opfer, dem dann noch viele andere folgen, sondern gleicht eher der Idee des Menschen, wie Gott ihn in sich dachte und dann dies Urbild in der Mannigfaltigkeit der Individuierungen der Idee des Menschseins hervorbringt.So sind alle Menschen eins in der Idee des Menschseins und die Idee des Mendschseins ist wieder die Substanz jedes Menschseins. Das eine Opfer Christi ereignete sich als
das Urbild aller Opfer, damit sie durch die Substanz des einen existieren können.

Die Opfer des alten Bundes sind so Vorabbildungen, die des neuen Bundes Nachabbildungen des Urbildeds des Opfers Jesu am Kreuze. Sie bilden eine dialektische Einheit: es ist ein Opfer mit einer Substanz, Jesus, der sich in ihnen Gott als Opfer darbringt.Paulus deutet ja an,im 1.Korimter 10. 1-5, daß die Sakramente der Taufe und der Eucharistie schon-verborgen zwar-enthalten war. Einfach gesagt: wenn Priester ein Sühnopfer für gefallene Soldaten darbringen, die in schwerster Sünde gestorben sind, dann kann die Wirkkraft dieses Sühnopfers nur Jesus Christus selbst sein. Welches andere Sühnopfer hätte sonst so eine Entsühnungskraft in sich haben können?

  1. Der Priester neben dem Priester Jesus Christus

All diesen Opfern ist nun eines gemeinsam: neben dem eigentlichen Priester Jesus Christus handelt immer auch andere Priester:die Priester des alten Bundes und die Priester des neuen Bundes. Warum? Weil im Urbild des Opfers auch neben dem Priester Jesu der Hohepriester Kaiphas gewirkt
hat!

Weil Gott das Opfer Jesu nicht ohne das Mitwirken des Hohepriesters Kaiphas wollte, darum wirken auch in allen Abbildern dieses Urbildes Priester neben dem Priester Jesu mit am Opferkiult.
Wenn Jesus Christus ohne den Hohepriester Kaiphas sein Sühnopfer dargebracht hätte, dann müßte rechtens kritisch gefragt werden: warum agieren denn nun plötzlich wieder Priester.Denn Jesus Christus ist ja auch und gerade in der Darbringung des Meßopfers der eigentlich Agierende.Er bringt das Opfer dar auch im Kult des neuen Bundes. Die Antwort, Christus lasse sich repräsentieren durch den Priester der Meßfeier, klingt zwar gut, aber läßt die Frage weiterhin offen, warum dann in der Meßfeier es den wahren Priester und einen ihn Repräsentierenden geben soll,wenn das Kreuzopfer Jesu selbst allein ohne einen Amtspriester vollzogen hätte?

Aber so gefragt, wird gerade das Mitwirken des Hohepriesters übersehen. Es ist kein Zufall, daß Kaiphas im Evangelium , im 11.Kapitel des Johannesevangeliums so hervorgehoben wird. Von ihm wird das gesagt, was von jedem wahren Priester zu sagen ist: er handelte in Willensübereinstimmung mit Gott! Er tat, was Gott wollte. Auch wenn er rein subjektiv die Bedeutung seines Tuns nicht in Gänze begriff, tat er doch in der Kraft seines Amtes, wozu er von Gott her bestimmt war.


9.Resümierend:

Im Zentrum des Heilshandelns Gottes steht das Kreuzaltaropfer Christi.Gott will das Heil der Menschen wirken durch dies Opfer. Er will das Heil der Menschen aber nicht wirken ohne ein Mitwirken der Menschen. Im alten Bund installierte Gott so einen Opferkult mit Priestern, damit das Opfer Christi nicht ohne ein Mitwirken von rein menschlichen Priestern vollbracht würde. Dies eine Heilsopfer besteht nicht aus einem einmaligen Ereignis in der Geschichte, dem Kreuz Jesu, dem dann, warum auch immer, weitere Wiederholungen oder Vorläufer zur Seite gestellt werden, sondern Gott hat ein Opfer von Ewigkeit her gewollt als die Einheit von dem Urbild des wahren Opfers, dem Kreuzopfer Jesu und den Abbildern dieses Urbildes, den Opfern des alten und neuen Bundes. Das menschliche Priestertum ist nicht nur um der Abbilder willen, sondern erhält seine Legitimität von daher, daß ein rein menschlicher Priester schon im Urbild des wahren Opfers mitgewirkt hat und nach Gottes Willen auch mitwirken sollte! Darum gehört das Kreuz Christi und Christi Einsetzung des Meßopfers am Gründonnerstag zusammen. Er setzte die Einheit von Kreuzopfer und Meßopfer. Darum berief er seine 12 Apostel im Abendmahlsaal zu Priestern, befähigte sie zur Darbringung des Meßopfers-nicht als eine zusätzliche Ergänzung, sondern weil nur so das eine Opfer konstituiert wurde als die dialektische Einheit von dem einen und den vielen Opfern.

Es wäre ein großer Gewinn für die Frage nach der Einheit vom Alten Testament, Neuem und der darauf folgenden Kirchengeschichte, wenn diese Einheit in der Idee des Opfers und des Priesters gesehen wird. Fatal wäre es, entstünde das Bild einer jüdisch-alttestamentlichen Frömmigkeit mit Priestern und Opfern, die mit dem, was Jesus lebte und lehrte nichts zu tun hätte, weil Jesus, wie es im Geiste Nietzsches heute viele meinen, eine opferlose Religion stiften wollte oder dahin das Judentum reformieren wollte.Jesu hielte „das kultische Sühneritual für überflüssig“ kann man dann bei J. Blank lesen.11. Zudem müßte dann gefolgert werden, daß die Kirche dann, ganz wider Jesu Intention das Priestertum wieder eingeführt hätte und es so etwas eigentlich Illegitimes wäre. Damit müßte dann auch das Zentrum des alten Bundes, der Kult mit seinem Tempel, seinen Priestern und Opfern als Irrtum abqualifiziert werden. Gott hätte so was nie gewollt. Aber daß das Priestertum von Gott gewollt ist, das zeigt ja gerade der Hohepriester Kaiphas. Gott beruft ihn dazu, das zu tun, was er von Amtswegen zu tun hat: er bringt wahrhaftig das Sühnopfer dar,Jesus Christus und Jesus Christus läßt sich von ihm opfern. Und das ist gerade die Substanz jedes von der Kirche dargebrachten Meßopferes: Die Kirche bringt durch ihre Priester das Opfer dar. Nur ein überspannter Christozentrismus läßt hier Christus zum Alleinhandler werden und degradiert den Menschen zum bloßen Empfänger sakramental vermittelter Gnaden. Aber in der Heilsökonomie Gottes soll der Mensch nicht nur ein Gnadenempfänger sein sondern auch ein Kooperator Gottes. Diese besondere Würdestellung des Menschen in der Heilsökonomie manifestiert sich am eindrücklichsten im Amte des Priesters wieder. Daß Gott rein menschliche Priester für das zu erbringende Heilswerk wollte und nicht nur den Gottmenschen Jesus, das zeigt das Mitwirken des Priesters Kaiphas, der so der Ort ist, an den alle anderen menschlich-allzumenschlichen Priester nach und auch vor ihm , im neuen und im alten Bund traten. Daß Kaiphas gerade nicht ,nicht nur für uns heutigen Leser den Eindruck moralischer Vollkommenheit macht, ja er wohl auch als Privatperson nicht uneigennütztig hier den Tod Jesu forderte, zeigt ein weiteres: das Amt des Priesters ist eine wirkliche Möglichkeit für den Menschen! Könnten nur so wie Christus Vollkommene Priester sein, es könnte keine rein menschlichen Priester geben. Gerade daß der Hohepriester Kaiphas eben uns auch menschlich schwach und eigennützlich handelnd vorkommt, er wollte auch seinen Berufsstand bewahren, der bei einem Aufstand gegen Rom wirklich gefährdet war, sagt uns, daß auch wir in unserer Schwachheit und Unwahrhaftigkeit doch wahre Priester sein können, weil es gerade dieser Kaiphas auch sein konnte!

Würde dagegen einseitig nur betont, der Priester sei ein anderer Christus, der Christusrepräsentant,würde gerade die wichtige Botschaft des Kreuzes, Gott will den Menschen als Kooperator des Heilswerkes zu kurz kommen. Es könnte der mißliche Eindruck entstehen, als handle in der Messe eigentlich nur der Heiland selbst und der Priester verkörpere nur sinnlich wahrnehmbar den eigentlich einzig da Handelnden, Jesus Christus! Aber die Gestalt des Hohepriesters Kaiphas schließt das aus. Er ist hier auch und gerade in seiner relativen Selbstständigkeit wahrzunehmen und in dieser repräsentiert er das gottgewollte Priestertum !

Uwe C.Lay

1Nietzsche, F. Der Wille zur Macht, 168.
2Nietzsche, F., Der Wille zur Macht, 167.
3Blank, J.Priester/Bischof, in: Neues Handbuch theologischer Grundbegriffe, Bd.3, 1985,Hrsgb. Eicher, S. 425.
4Nietzsche, F, Der Wille zur Macht,167.
5Hilberath, B.J./Schneiter, Th., Opfer, in: Neues Handbuch theologischer Grundbegriffe Bd.3. Hrsgb: Eicher,P., 1985. S.293.
6Vgl: Klingemann, A., Die Nachtwachen des Bonaventura, 9.Nachtwache.
7Ott, L., Grundriß der Dogmatik, 11.Auflage, 2005, S.273.
8Ott, L. Grundriß der Dogmatik, 11.Auflage, 2005, S.272.
9DH,40.Auflage, 2005, 1743.
10DH,40.Auflage 2005, 1743.

11Blank, J.,Priester/Bischof, in: Neues Handbuch theologischer Grundbegriffe, Bd.3.,1985, Hersgb.Eicher, S.416.

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