Dienstag, 30. September 2014

Ein kleiner Versuch übers Erkennen ohne ein gutes Ende

Vorläufige Erwägungen zu einer Erkenntnistheorie,
ein logozentristischer Versuch

  1. Eine logozentrische Grundlegung

Wenn es erlaubt ist, ich präsumiere die Analogia entis Lehre, dann ist es erlaubt zu sagen, daß Gott sich als Kreator zur Kreatur ähnlich verhält wie der menschliche Künstler zur Kunst. Die Differenz ist die der creatio ex nihilo, der Künstler kreiert aus Vorhandenem.
Wenn so verstanden,kreieren heißt, etwas Ideeles in Wirklichkeit zu überführen, ist a) in Hinsicht auf die Ideen in Gott, nach denen er Etwasse realisiert, zu diskutieren, ob in Gott Ideen von den Einzeletwassen ist, so daß jedes Singuläre in Gott als präexistente Idee wäre oder ob in Gott Begriffe sind, die als Urbilder für die Realisierung von vielen Einzelexistenzen dieses Urbildes fungieren, ist b) in Hinsicht auf das Realisierte zu fragen, wie dann das Verhältnis von Realisiertem und der präexistenten Idee zu bestimmen ist. Wenn traditionell zwischen dem Sein von Etwas und seiner Erscheinung unterschieden wird, unterschieden wird zwischen Essenz und Existenz, Sein und Erscheinung, dann ist das Wahre als das Normative verstanden gesetzt in die präexistente Idee: sie sagt, wie ein Etwas oder eine Serie von Etwassen in Relation zum Urmodell sein sollen.

Wenn die Essenz des Menschen seiner Existenz vorausgeht und wenn unter Essenz so verstanden wird: wie der Mensch sein soll= wahrer Mensch, dann distinguiert sich seine Existenz von der Essenz, daß das Individuum Mensch sich frei/kontingent zu seiner Essenz verhaltend selbst bestimmen kann. Die Essenz determiniert den zur Selbstbestimmung bestimmten Menschen nicht.Gibt es im Kreatürlichen Bereich kontingente Ereignisse, im humanen den freien Willen, so kann die Existenz eines kreatürlichen Etwasses von seiner Essenz abweichen.

Die Existenz ist so, weil sie immer eine Einheit von Realisation und Nichtrealisation ist, weniger als die Möglichkeiten der Essenz und mehr, weil es realisiertes und nicht nur ideeles Sein ist.Aber man kann sagen, daß jedes Etwas eine bestimmte Realisation eines Begriffes ist in der Gestalt der Individuation. Deshalb würde ich nicht den Begriff, der sich individuiert als einen Aspekt nur des Etwasses bezeichnen, sondern als die Substanz des Etwasses.

Sehe ich verschiedenste Gewächse, kann ich leicht unter ihnen Bäume von Nichtbäumen unterscheiden. Die spannende Frage ist nun die: wie geht das, daß ich so mannigfaltigst verschiedene Einzeletwasse unter einen Begriff subsumieren kann, oder anders gefragt: worauf bezieht sich der Begriff des Baumes, wenn er adäquat so verschiedene Etwasse begreift. M. E.ergibt sich daraus, daß der Begriff von Etwas den Anspruch erhebt, das Wesen des Baumes zu begreifen. Zu diskutieren ist, ob der Begriff hält, was er verspricht. Das Begreifen des Wesens des Baumes (eines Etwasses) setzt immer voraus, daß wir zwischen der Substanz und dem Akzidentiellen unterscheiden. Könnten wir das nicht, könnten wir nicht so Verschiedenes, wie die Summe aller denkbaren Bäume unter den einen Begriff des Baumes subsumieren.

  1. Heißt erkennen, etwas unter seinen Begriff zu subsumieren?

Ich ringe um die Legitimität des Subsumierens und frage ob dem Begriffe des Baumes etwas, eine Realität entspricht, das in den Einzelbäumen ist. Als platonosierender Begriffsrealist stelle ich die These auf, daß dem Begriffe die Substanz des Einzeletwasses entspricht, denn das Einzelne ist ja nichts anderes als eine individuierte Realisation der präexistenten Idee. Als Gegenargument wäre der Einwand denkbar, daß zwischen der präexistenten Idee in Gott (wobei ich prae- existent wörtlich meine als Idee vor der Existenz, als Essenz vor der Existenz etc.) und dem sprachlichen Begriff keine Gemeinsamkeit ist. Dagegen setze ich die philosophisch- katholische Lehre der Analogia entis und sage, daß der Begriff des göttlichen Logos, und des menschlichen Logos nichtäquivok gebraucht sind: menschliche Vernunft partizipiert an den göttlichen. Es sei an die menschliche Gottebenbildlichkeit erinnert.

Der Begriff des Baumes und der unendliche Reichtum des Einzeletwases.
Man schreibe auf die eine Seite das Wort: Baum und auf die andere Seite beginne man, wahre Aussagesätze über einen bestimmten Einzelbaum aufzuschreiben, der Baum ist groß, hat die Eigenschaft a, b, c... der Baum kann verarbeitet werden zu: a,b,c.... Die Teile des Baumes...Unendlich viele wahre Aussagen können über einen einzigen Einzelbaum getätigt werden.
Die Spannung zwischen dem einen Begriff und der unendlichen Serie von möglichen wahren Aussagen über das Einzeletwas evoziert den Eindruck, daß der Begriff das Wesen des Einzeletwasses nicht begreifen kann. Der Irrtum dieser Meinung beruht darin, nicht zu distinguieren
zwischen dem, was den Baum als Baum konstituiert, d.i. sein Wesen von den mannigfaltigsten Eigenschaften, die ein bestimmter Baum aufweist, die aber nicht das Wesen des Baumes konstituieren. So kann ein Baum grüne Blätter tragen, aber er wäre auch ein Baum, hätte er Nadeln statt der Blätter! Ein Vogel kann ein Nest in der Krone des Baumes errichtet haben, aber auch das gehört nicht zum Wesen des Baumes. Das Wesen ist das, was allen möglichen Bäumen innewohnt als das, was sie zu Bäumen macht.

Zudem ist genau zu unterscheiden, ob ich nach dem Wesen eines Einzeletwasses frage, was macht das Baumsein des Baumes aus oder ob ich ontologisch nach dem Sein alles Seienden frage! Ich diskutiere hier erstmal nur die Verhältnisbestimmung von Begriff und Einzelrealität unter Berücksichtigung der unwiderlegbaren Einsicht Hegels, daß, wenn wir meinen, etwas Einzelnes in seiner sinnlichen Singularität zu benennen: Da ist ein Baum! die Sprache unser Meinen widerlegt,denn das Wort: Baum bezeichnet nicht etwas Einzelnes sondern ist ein Sprachbegriff, der beziehbar ist auf unendlich viele Einzelbäume, weil er sich auf das Wesen des Baumes, das, was jeden möglichen Baum zum Baume macht, bezieht! Die so vorgenommene Subsumption ist nur wahr,wenn der Begriff das Wesen des Einzeletwasses begreift. Kardinal Scheffczyk verdanke ich diese kluge Anmerkung: „Schon Platon dachte in dieser Hinsicht „supranaturalistisch“, wenn er einen göttlichen Ursprung der Sprache vertrat. Für ihn mußte die Sprache göttlichen Ursprunges sein,weil nur ein Gott garantieren könne, daß die Namen der Dinge richtig seien, d.h.der Wirklichkeit entsprächen.“ 1 Im Lichte der christlichen Gotteserkenntnis kann diese platonische Einsicht vertieft werden (ist das Christentum nicht vertiefter Platonismus nach Augustin, nach Nietzsche: verflachterPlatonismus?), wenn auf den göttlichen Logos reflektiert wird (vgl: Johannesprolog), aus dem alle Wirklichkeit ist und die menschliche Ratio, die logoshaftig die aus dem Logos seiende Realität begreifen kann, weil: Alles Seiende ist aus dem Logos und somit logoshaft (auch logisch) und der menschliche Logos ist bestimmt dazu, diese logoshafte geschaffene Welt zu begreifen. Es sei an den Zusammenhang von Logos und Sprache erinnert. Die Schöpfung ist ein Schaffen als sprachlicher Akt: Gott sprach und es war.

Ob dieser Erwägungen halte ich einen Skeptizismus, der meint, daß unsere Wirklichkeit, das Ding an sich, ganz anders wäre als die Welt, so wie wir sie im sprachlich-vernünftigen Denken begreifen
für nicht begründet, zumal die These der radicalen Differenz von Wirklichkeit und Denken ja nie einsichtig machen kann, woher sie denn weiß, daß die Wirklichkeit an sich so radical verschieden ist von der im vernünftigen Denken begriffenen Wirklichkeit. Zudem wird hierbei das Verhältnis von Vernunft und Wirklichkeit einseitig verkürzt: die Vernunft ist nicht reduzierbar auf ein die Wirklichkeit begreifen. Das ist nur die Aufgabe der theoretischen Vernunft.

3.Gibt es drei selbstständige Vernünfte?
Die praktische Vernunft frägt: Was soll sein? Und betrachtet die Welt der möglichen menschlichen Handlungen daraufhin, welche Möglichkeit zu realisieren ist und welche nicht, bzw. sie erörtert vergangene Taten, ob sie hätten sein sollen oder ob nicht. Hier ist die praktische Vernunft die Richterin über die Wirklichkeit,
in der theoretischen (z.B. in der Geschichtswissenschaft) ist das, wie es wirklich wahr, die Norm der
Wissenschaft. (Leopold von Ranke). Die ästhetische Vernunft dagegen frägt, ob das Ideal des Schönen in etwas realisiert ist oder wie es in etwas zu realisieren ist und gleicht so der praktischen Vernunft. Ob es jenseits dieser drei Vernünfte (nach Kant) noch die eine gibt, ist im nachkantischen Idealismus aufs tiefsinnigste untersucht worden, aber ich hege den Verdacht, daß alle Einheitskonzepte gescheitert sind und daß wir mit Lyotard für die Selbstständigkeit dieser drei Vernünfte votieren müssen!

Wichtig ist die Prüfung, ob die praktische Vernunft und die theoretische und die ästhetische nicht aufeinander reduzierbare Aussagensysteme sind. Allgemein anerkannt ist, daß aus indikativischen Aussagen nicht imperativische/ethische derivierbar sind (der naturalistische Fehlschluß). Können aus imperatischen indikativische deriviert werden?

Einschub: Luther und Kant zu Gesetz und Freiheit

Hier muß eine nicht geführte Debatte eingeleitet werden: nach Luthers Kritik des Gesetztes (der Kern der reformatorischen Einsicht Luthers) besagt das göttliche Gesetz nicht, daß das Gesollte der Mensch auch kann. Weil das Gesetz fordert, darf nicht gefolgert werden, daß dem Menschen ein freier Wille ist, so daß er kann, was er soll. Nach Luther kann nicht aus dem: Du sollst! Geschlossen werden: Du kannst kraft deines freien Willens. Nach Kant ist das Gesetz nur dann sinnvoll, wenn das Gesollte auch gekonnt wird, das heißt: aus dem Imperativ kann der Indikativ des freien Willens
abgeleitet werden. Freiheit ist ein Postulat der praktischen Vernunft, weil der Imperativ verlangt, daß ein freier Wille gedacht werden muß, weil sonst der Imperativ sinnlos wird. Ist also aus der praktischen Vernunft die theoretische als Ermöglichungsbedingung der Ethik derivierbar? Das könnte der Kerngedanke Fichtischer Philosophie sein. Trotzdem soll die These gewagt werden, daß dies ein idealistischer Fehlschluß ist: aus dem Sollen ist nicht einfach das Können ableitbar; die tägliche Lebenspraxis verifiziert die Differenz von Sollen und Können. Das Postulat der praktischen Vernunft bleibt eines im Raume der praktischen Vernunft.

  1. Ist eine der Vernünfte aus einer anderen ableitbar?

Kann nun etwa die ästhetische Vernunft aus der theoretischen oder praktischen deriviert werden? Wenn das Wahre und das Gute die Zen-tralbegriffe der theoretischen und der praktischen Vernunft sind, dann müßte das Schöne ein Derivat des Guten oder des Wahren sein. Wenn auch Gott traditioinell als die Einheit des Wahren, des Guten und des Schönen begriffen wird, so impliziert dies aber, daß in Gott das eine Einheit ist, was außerhalb von ihm als Selbstständiges erscheint. Wahr ist die Aussage, daß Goethe den Faust verfaßt hat, aber was hat das mit dem Begriff des Schönen zu tun. Wahr kann aber auch besagen, daß dieser dein wahrer Feind ist, hier meint wahr, daß eine empirische Realität mit ihrem Begriffe identisch ist, aber auch hier fehlt jede Verbindung zum Schönen. Daß das Gute mit dem Ästhe-tischen nicht in einem harmonischen Verhältnis zu einander steht, erinnert uns das Unbehagen, daß die Vorstellung einer moralischen Kunst evoziert. Wo Kunst primär dem Zwecke der Moralbe-lehrung dient, wird sie unästhetisch. (Es wäre diskussionswürdig, ob das nicht die Schwäche brechtscher Dramen ist, ja die Schwäche aller engagierter Kunst! Es sei en passant an Barthes Kritik des Schreibers als Problematik für die Ästhetik: die Kunst ist hier nur ein Darstellungsmittel für die Kunst fremde Anliegen, sie wird so heteronom bestimmt.2 Anders verhielte es sich, wenn im Sinne Hegels das Objekt der Kunst als das Absolute/Gott begriffen wird,3 denn das ist auch das Schöne, so daß hier in der religiösen Kunst nicht von einer Heteronomie gesprochen werden kann sondern: die Kunst findet erst in der Religion und durch sie zu ihrer wahren Bestimmung: dem Dienst am Schönen.

Deshalb soll vorbehaltlich besserer Einsicht von der Selbstständigkeit der drei Vernünfte ausgegangen werden, wobei das ihnen gemeinsam Konstituierende das rein Logische ist. (Logisch- Logoshaft) Thomas Hobbes demonstriert an, daß wenn die praktische Vernunft als das Unterscheiden von Gut und Böse aus Tatsachenerkenntnissen abgeleitet wird, aus indikativischen Aussagen abgeleitet wird, ihres normativen Anspruches beraubt wird. „Aber was auch immer das Objekt des Triebes oder Verlangens eines Menschen ist: Dieses Objekt nennt er für seinen Teil gut, das Objekt seines Hasses und seiner Abneigung böse und das seiner Verachtung verächtlich und belanglos. Denn die Wörter gut, böse und verächtlich werden immer in Beziehung zu der Person gebraucht, die sie benützt, denn es gibt nichts, das schlechthin und an sich so ist.“ 4 Nur selbstständig, als nicht abgeleitet aus etwas anderem kann die praktische Vernunft ihren normativen Aussagecharakter ergründen.



Als Antithese zur Pluralität der Vernünfte müßte es entweder eine Vernunft geben, die diesen drei vorausliegt, oder die als das bestimmt wird, was allen drei innewohnend sie zur Vernünftigkeit qualifiziert. Da aber keine den drei Vernünften vorausliegende bekannt ist, bleibt nur die These, daß das alle drei Selbstständige als vernünftig Qualifizierende die Logik ist. Und hier sei wieder auf die logozentridtische Ausgangs-these erinnert: alles ist aus dem Logos und so ist das Ontische wie das Noetisch logosgemäß, d.i.
in sich logisch strukturiert.


  1. Das Andere der Vernunft?

Einer der geistvollsten Kritiker des Vertrauens in die Kraft der Vernunft, das Ganze zu verstehen,ist sicher Lovecraft.5 „Die größte Gnade auf dieser Welt ist, so scheint es mir, das Nichtvermögen des menschlichen Geistes, all ihre inneren Geschehnisse miteinander in Verbindung zu bringen. Wir leben auf einem friedlichen Eiland des Unwissens inmitten schwarzer Meere der Unendlichkeit, und es ist uns nicht bestimmt, diese weit zu bereisen.“ Cthulhus Ruf, 1.Kapitel: Das Basisrelief).6Sein Genre, das des Horrors lebt ja gerade von der Thematisierung des Jenseitswelt der Vernunft,die in diese einbricht als das ganz Andere der natürlichen wie auch der übernatürlichen Vernunft
(Offenbarung).

Aber dieser Vernunftkritiker und Skeptiker verweist dann auf das Andere der Vernunft: den Mythos
und er bezeichnet den Uranfang als das, was sich der Vernunft entzieht. Theologisch und auch philosophisch kann darauf verwiesen werden, daß gerade das rein vernünftige Denken seine Grenzen erfaßt, indem es sich ausrichtet auf das Übervernünftige, das erst die Vernunfterkenntnis vollendet. So rekurriert Platon regelmäßig auf den Mythos als besondere Form des Wissens und so rekurriert auch die christliche Theologie auf das, was ihr nur als Offenbarungswissen gegeben ist.Nur ist die platonisch- christliche Antwort auf Lovecraft die, daß dem Vernünftigen nicht das Irrationale entgegensteht (Cthulhus Ruf) sondern das Übernatürliche. Oder könnte das Irrationale nicht auch noch als etwas begriffen werden, das in seinem Gegensatz zur Vernunft zur Vernunft gehört, als das, was durch seine Opposition erst die Vernunft als Vernunft konstituiert. Wenn Gott als reine Unbestimmtheit zu denken ist (als potentia absoluta), der sich dazu bestimmt,
Gott zu sein, dann inkludiert dies Selbstbestimmen den Ausschluß von und das so Ausgeschlossene ist das, was als Nichtseinsollendes ist als Möglichkeit aller kreatürlichen Freiheit, sich gegen das von Gott Gewollte selbst zu bestimmen. (Vgl: K.Barth Lehre vom Nichtigen). Gott als reine Unbestimmtheit zu denken, soll den hegelanisch inspirierten Einwand F. Wagners Rechnung tragen, daß das religiöse Bewußtsein Gott als das Absolute depedent von endlichen Bestimmungen denkt und nicht als Subjekt der Hervorbringung seiner Bestimmung und seiner Erkenntnis im religiösen Bewußtsein.7 Sich bestimmen inkludiert denknotwendig den Ausschluß von etwas, denn jedes Bestimmen ist auch ein Negieren. Da es unabhängig von Gott weder das Gute, das Wahre und das Schöne gibt und da das Wahre, Gute und Schöne auch nicht einfach als die Natur Gottes dem Selbstbestimmungsakt Gottes vorausliegend präsumiert werden darf, denn dann verhielte sich bei Gott Essenz zur Existenz wie in jedem kreatürlichen Wesen sich die Essenz zur Existenz, muß Gottes Selbstbestimmung zur Einheit des Wahren, Guten und Schönen (vgl: Ockham, Gott als potentia absoluta) als reine Dezision begriffen werden, durch die erst die Ordnung gesetzt wird, die als die vernünftige das Unvernünftige, was nicht sein soll, ausschließt und so es ermöglicht, daß endliche Freiheit im Akt der Selbstbestimmung wider ihre Natur, ihre Bestimmung von Gott her, sich bestimmt zu dem, was nicht sein soll.

Kunze faßt Ockhams Anliegen, Gott als Selbstbestimmung zu denken so zusammen: „Gottes Wesen sei sein allmächtiger Wille. Dieser sei die letzte Ursache der normativen Schöpfungsordnung. Alles Gut und Böse sei ein beliebiges Produkt göttlicher Willkür. Damit wandte Ockham sich ab von Platon und Thomas: Dieser hatte Gott für die unwandelbare Idee des Guten selbst erklärt und damit seine Allmacht verkürzt: Gottes Willen steckte damit im Käfig einer idealen Vernunftidee, über die selbst Gott sich nicht hinwegsetzen konnte.“8 Damit wird die Differenz von Gott als potentia absoluta und den Ideen Gottes als bestimmte reflektiert, indem Gott als reine Selbstbestimmung nicht selbst als bestimmt durch Ideen gedacht wird.

Das Geschaffene ist in sich vernünftig, aber es ist fundiert in einem reinen Dezisionsakt, der erst das Unvernünftige gesetzt hat als das, was nicht sein soll, und dieses Nichtgesollte ist sozusagen der Schatten des Geschaffenem im Lichte Gottes.

(Erwägenswert ist, ob nicht die buddistische Erlösungslehre wie auch viele Meditationspraktiken auf dies Nichts, -das was nicht sein soll als das Nichtrealisierte im Akt der Selbstbestimmung Gottes – oder auf Gott als das rein Unbestimmte sich kaprizieren.)

  1. Das Wesen von Etwas

Wenn zudem die Gesamtwirklichkeit als Realisierungsprozeß von präexistenten Ideen zu begreifen ist, dann heißt begreifen, die den Wirklichkeiten, den Einzeletwassen zu Grunde liegenden Ideen zu begreifen.

Irgendwo sagt Herder, daß die Völker Ideen Gottes sind. Herder geht es darum, die Legitimität der jeweiligen Volkstümer zu begründen wider die Utopie einer Vereinerleiung zu einer Menschheit. Volkstum meint nun, daß jedes Volk je seine eigene Berufung hat und daß das Volkstum die in geschichtlich- kontingenten Umständen Gestalt gewordene Berufung eines Volkes ist. Auch hier ist die Realisierungsgestalt immer auch eine durch die Ursünde und die menschlichen Unzulänglichkeiten, aber auch durch kontingente Zufälle verzeichnete Gestalt der Berufung und doch ist sie eine Manifestation göttlicher Berufung. (Ich vermute, daß das der Kerngedanke der bekannten und perhorreszierten Rektoratsrede M. Heideggers war.)


Wir haben also drei selbstständige Diskursordnungen, die der theoretischen, die der praktischen und die der ästhetischen Vernunft, denen es gemeinsam ist, eine objektiv gültige metaphysische Ord-nung zu explizieren. K. Kunze beschreibt das Seinsverständnis des sich in einer metaphysischen Ordnung wähnenden Menschen so: Der Mensch wähnt „sich selbst einer objektiven, aus sich selbst heraus geltenden Seinsordnung unterworfen.“9 Metaphysische Ordnung meint: „Die Dinge hinter den Dingen: das wahre, ewige Sein an sich.“10 Dem stellt er den Typus des Dezionisten entgegen:„Den Dezionisten beeindruckt eine Metaphysik nicht, die ihre Gewißheiten immer nur aus dem Hut zaubern kann wie einen deus ex machina. Für ihn sind Seinsordnungen bloße Gehirngespinste.“11
Gegen die Gültigkeit der metaphysischen Ordnung spräche die Vielfalt dieser behaupteten Ordnun-gen, die sich wechselseitig in ihren Wahrheitsansprüchen ausschlössen, die Frage der Verifizier- bzw. Falsifizierbarkeit ihres Wahrheitsanspruches und das prinzipielle Problem, daß selbst wenn es eine so objektive metaphysische Ordnung gäbe, ob sie dann vom Menschen überhaupt erkennbar sei. Als Alternative formuliert Kunze den radicalen Dezionismus, der realistisch präsumiert, daß die Welt ein einziges Chaos ist, das der Mensch durch willkürlich durch ihn allein produzierte und als gültig gesetzte Ordnungen zu domestizieren versucht. Rein voluntaristisch werden so diese menschlich- allzumenschlichen Ordnungen gesetzt. Dann wären diese drei metaphysischen Ordnungen nicht von Gott gesetzte und somit objektiv gültige Ordnungen des Wahren, Guten und Schönen, sondern reine Kunstprodukte menschlichen Entscheidens. Wir können das Problem so auf eines reduzieren: Gibt es von Gott gesetzte metaphysische Ordnungen oder nur jederzeit vom Menschen revozierbare willkürlich gesetzte Ordnungen, die irrigerweise objektive Gültigkeit für sich beanspruchen, indem sie ihren Willkürcharakter vergessen machen.
Der Mensch ist so entweder ein in metaphysischen Ordnungen Geborgener Mensch oder einer, der permanent Ordnungen setzen und stabilisieren muß, um das ihn umgebende und bedrohende Chaos
abzuwehren.

  1. Sprache und Wirklichkeit

Diese Problemanzeige verweist wieder auf das Problem von Sprache und Wirklichkeit zurück:schafft die menschliche Sprache mit ihren Gedankengebäuden erst Lebenswirklichkeiten, in denen der Mensch künstlich geschützt vor dem nihilistischen Chaos lebt, wobei diese Ordnungen aber ob ihres rein künstlichen Charakters sehr instabil sind oder begreift die menschliche Sprache mit ihren Gedankengebäuden das, was objektiv als metaphysische Ordnung ist, so daß er sich adäquat im Denken begreift? Um diese Frage zu diskutieren, muß nun, statt vom göttlichen Logos ausgehend,
das menschliche Denken als wahrheitsfähiges zu begreifen, gefragt werden, ob vom menschlichen Denken ausgehend dieses Denken als ermöglicht durch einen göttlichen Logos begriffen werden kann. Es kann aber geurteilt werden, daß das menschliche Denken nur als wahrheitsfähiges begriffen werden kann, wenn es als Analogon zum göttlichen Logos begriffen wird.( Descartes demonstriert ja schon an, wie der Gottesbegriff notwendig ist, um das menschliche Wissen als wahres, auf etwas Objektives Ausgerichtetes und es Begreifendes zu verstehen.)

  1. Problemanzeigen
Aber es stellt sich nun noch ein trivialeres Problem. P. Sloterdijk macht darauf aufmerksam.Er spricht von der „Prämisse, daß Religionen wie Theorien und Kunstwerke im Laufe des 20. Jahrhundertes Handelsgüter und Dienstleistungen geworden sind und sich als solche auf allgemeine Marktbedingungen einlassen müssen.“12 Das heißt, daß die metaphysischen Ordnungen des Wahren, Guten und Schönen als Kriterien der Hervorbringung und der Beurteilung vom Denken ersetzt werden durch die Regeln des Marktes. Zur wichtigsten Frage avanciert dann die der Unterscheidung von Monopolanbietern und in Konkurrenz zueinander stehenden Anbietern. Der Tauschwert auf dem Markt ist dann das Qualitätskriterium der Prüfung von allen denkbaren Theorien und Kunbstprodukten. Offenkundig bilden Agnostizismus und die alleinige Bewertung von etwas nach seinem Marktwert, seiner Verkaufbarkeit zwei Seiten der einen Medaille und es ist nicht zu sagen, ob der Agnostizismus die Verabsolutierung des Marktwertes oder die Verabsolutierung des Marktwertes den Agnostizismus hervorgerufen hat. Wenn aber erst der freie Markt als das einzig legitime Ordnungsprinzip anerkannt ist, dann löst dies Prinzip alle anderen auf. Die ihrer obersten Werte (das Gute, das Wahre und das Schöne) beraubte Leben setzt mit dem Ideal des freien Marktes
die neue Wertordnung der idealisierten Markttugenden: zu produzieren und zu verkaufen gemäß dem freien Spiel von Angebot und Nachfrage. Sind so gesehen alle metaphysischen Ordnungen entwertet, weil es nur noch das Ordnungsmodell des Marktes mit seinen Wertgesetzen gibt?

Muß, um es zu veranschaulichen wissenschaftliche Bücher neben obskurantistischen Geheimlehrenbücher, Kunst neben Kitsch und Moralhandbücher neben pornographischen Schriften in friedlicher Koexistenz auf einem freien Buchmarkt nebeneinander exponiert werden, damit der König Kunde frei sich das ihm Wohlgefällige auswählt unbekümmert ganz nach seiner reinen Willkür? Ist das der Kern der Postmoderne, in der wir jetzt leben, weben und sind?

Daß die Frage, was ist denn wahr, gut und schön? auf so wenig Interesse stößt, ist wohl ein Indiz dafür, daß die Frage nach dem Marktwert diese Frage als zu spekulativ fürs praktische (Geschäfts) Leben und als unnütz erachtet wird. Und so geht die exakte Wissenschaft des Geldzählens und Preiseabschätzens Hand in Hand mit der Bejahung eines Agnostizismus: Nichts Genaues weiß man! Dem Krämergeist ist die Frage der ästhetischen Qualität eines Kunstwerkes ein überflüssigeSpekulation, kennt er nur den erwartbaren Verkaufspreis. Syberberg sagt das so: „Und die Wirtschaft wurde als Maßstab aller Werte mit dem Kapital als Bibel des Materialismus zum Gegenwert erhoben, ehemals höherer Interessen eines Einheitsdenkens und in der Ganzheits-philosophie alter Provenienz.“13

Kann es in der Postmoderne noch diese drei metaphysischen Ordnungen als gültig anerkannte geben, wenn schon alles determiniert ist durch das eine Ordnungsprinzip des freien Marktes?In der Logik des Marktes können diese metaphysischen Ordnungen nur noch individuell als Hilfen bei der Selektion auf dem unbegrenzten Markt der Möglichkeiten fungieren, als Kontingenzbe-wältigungskonzepte: ich kaufe nur Schönes.14 Es sei en passant noch in Hinsicht auf die metaphysische Ordnung des Schönen und seiner Krise auf eine Einsicht von Hans Jürgen Syberberg verwiesen: „Das eine war jenes Wort von der Ästhetisierung der Politik, die Hitler betrieben habe, quasi indem er die Massen selbst als Kunstwerk seiner Politik- am treffendsten letztlich durch die Verfilmung in den Filmen von Leni Riefenstahl- zum Gegenstand seiner Kunst gemacht habe, und zwar mit den modernen Mitteln der Technik. Ästhetisch meinte hier schön und implizit magisch, im Sinne von Verzauberung, Mythos.“15 Die Entnazifizierung führte dann dazu, daß das Schöne als Lüge des Bösen einem Schönheitsverbot zum Opfer fiel. Seit dem gilt für Nachkriegsästgetik:
„Das Häßlichkeitsgebot beherrscht Leben wie Kunst, und die Ratte wird zum Symbol des Interessanten...“.16 Der Ästhetisierung der Politik folgt so eine Entästhetisierung der Kunst in der Perhorreszierung des Ideales der Schönheit ob seines Mißbrauches. Scharf pointiert: solange in Deutschland das Schaffenswerk von Leni Riefenstahl als ästhetisches Meisterwerk nicht gewürdigt werden darf ob der politischen Korrektheit, wird es bei uns kein ungetrübtes Verhältnis zum rein Schönen geben.

Im Fontane Roman: Der Stechlin findet sich folgender Kurzdialog: Wie hält es der Herr Rex den so mit der Religion. Nimmt er sie ernst, oder macht er bloß so mit? Geantwortet wird: „Ich denke mir, er steht so wie die meisten stehn; das heißt, er weiß es nicht.“ „Und weil er es nicht recht weiß, hat er sozusagen die Auswahl und wählt das, was gerade gilt und nach oben empfiehlt.“17 Es gibt hier einen dezidierten Zusammenhang zwischen dem agnostizistischen Standpunkt und dem Bedürfnis
jeweils das situationsbedingt Opportune und Karrierefördernde als seine Überzeugung in Religions-angelegenheiten als den eigenem Standpunkt zu bekennen. Tiefgründiger ist hier die Spannung zwischen Wahrheit und dem Auswählenwollen eingezeichnet. Gäbe es eine erkennbare Wahrheit. Wäre selbstverständlich die auch zu wählen. Wenn aber es nicht möglich ist, Wahrheit, das Gute, das Wahre und das Schöne zu erkennen, dann kann frei zwischen Beliebigem ausgewählt werdenund dann erst können ungestört Opportunitätserwägungen die Auswahl bestimmen.

Wie kann die Frage nach dem Wahren, Guten und Schönen wieder Relevanz gewinnen, wenn Relevanz auf die objektive Gültigkeit rekurrieren und nicht einfach den allgegenwärtigen Hedonismus nur noch forcieren soll, nach dem Motto, daß das Wahre, Gute und Schöne die Lebensqualität, die Freud am Leben intensivieren würde?

Festzuhalten gilt: es gibt nicht nur cognitive Erkenntnisprobleme in Hinsicht auf die Erkennbarkeit des Wahren, Guten und Schönen, es gibt auch viele Gründe, gar nicht das Wahre, Gute und Schöne erkennen zu wollen und es deshalb für unerkennbar zu bestimmen. Man kann diesen Problemkreis
bestimmen als das problematische Verhältnis von Wahrheit- Freiheit und Pluralität.Wenn unter Freiheit ganz im Geiste Ockhams die Willkür verstanden wird, denken und wollen zu dürfen, was man will, dann wäre eine erkennbare Wahrheit (jetzt verstanden als Erkenntnis des Wahren, Guten und Schönen), eine Beeinträchtigung dieser Freiheit: wie könnte die Wahl des Unwahren legitimiert werden, wäre das Gewählte eindeutig als das Unwahre erkennbar. Wie sollte es noch eine legitime Pluralität geben, wenn eindeutig die eine Wahrheit von den vielen Unwahrheiten zu unterscheiden wäre. K. Kunze in seinem Plädoyer für einen selbstkritischen Dezionismus verweist auf die gefahren einer erkennbaren Wahrheit und dem Besitz der Wahrheit als Quelle inqusitorischer Intoleranz.18

  1. Der Gegenstand wissenschaftlicher Erkenntnistheorie

Was ist der Gegenstand einer wissenschaftlichen Erkenntnistheorie? In Anlehnung an einen Ausspruch von Lyotard:unbestreitbar gibt es den Satz und wer das bezweifelt, tut dies selbst wiederum mit einem Satz,19 möchte ich vorschlagen, Sätze als die Materie der Erkenntnistheorie zu bestimmen, die untersucht werden auf ihren jeweiligen spezifischen Wahrheitsanspruch. Die kleinste Einheit der Erkenntnistheorie ist so ein Satz. Es gibt verschiedene Klassen von Sätzen und diese erheischen verschiedene Methoden der Verifizierung bzw. Falsifizierung. Die Vorstellung, Gegenstände seien der Gegenstand der Erkenntnistheorie, wie es etwa W. Hoeres in seiner brillanten Konzeption: „ Wesenseinsicht und Transzendentalphilosophie“ vorschlägt,20 erachte ich für eine Verkürzung der Erkenntnistheorie auf indikativische Aussagen des Präsens: Da ist das. Aber damit werden ganze wahrheitsbeanspruchende Satzklassen ausgeklammert: alle normativen Aussagen, alle Werturteile: Das ist ein wahrer Freund, denn dies Urteil besagt ja, das ein Mensch der Idee des Freundes entspricht.21 Was heißt es aber, von einem Etwas zu sagen, es sei wahr? Das meint, daß hier der Begriff des Etwasses und sein Sein in eins fallen. Und so impliziert auch die Erkenntnis eines Gegenstandes den Begriff von ihm und seine empirische Realität. Der Gegenstand ist nicht der Gegenstand der Erkenntnistheorie sondern die Aussage über den Gegenstand, wobei die Realität des Gegenstandes bei bestimmten Aussagen die Norm der Verifizierung der Aussage über den Gegenstand bildet. Man vergleiche die Aussage: Das da ist ein Stein! mit der: Diesen Stein darfst du nicht wegnehmen! in Hinsicht auf ihre verschiedenen Weisen der Verifizierung. Man beachte dabei den Zusammenhang von Imperativ und Norm: „Formal kann sich ein Befehl nämlich an ein individuelles Gegenüber richten oder an alle: Man bedient sich entweder bloß des Einzelbefehles an einen Mitmenschen oder des abstrakt-generellen Befehls an alle Mitmenschen.
Solche verallgmeinerten Befehle sind Normen.“22

Die Aussage, Goethe verfaßte den „Faust“ und die Aussage, Goethes „Faust“ ist ein Meisterwerk!verlangen ganz verschiedene Weisen der Verifikation bzw. Falsifikation. Deshalb muß eine Erkenntnistheorie berücksichtigen, daß verschiedene Wahrheitsansprüche gelten machende Sätzeverschiedene Methoden der Bewahrheitung verlangen. Kann dann von einer einheitlichen Erkenntnistheorie gesprochen werden? Auch ist das Verhältnis von Sätzen zur Wirklichkeit sehr verschieden; es sei an die Differenz von deskriptiven und präskriptiven Aussagen erinnert.So kann eine normative Aussage nicht bewahrheitet werden, indem auf die Wirklichkeit referriert wird und konjunktivische Aussagen können auch nicht durch den Verweis auf das Wirkliche verifiziert werden. Der Satz: Ich wäre gestern daheim geblieben, hätte die Sonne nicht geschienen, ist nicht verifizierbar und nicht falsifizierbar durch die Wirklichkeit des gestrigen Tages. Sätze beanspruchen in verschiedener Weise Wahrheit für sich.

Kann die Ästhetik verstanden werden als das System der Ermöglichung von wahren Sätzen über das Schöne? Dabei soll gelten: wie bei der Sprache zu unterscheiden ist zwischen dem System der Sprache und dem einzelnen gesprochenen Satz (der Parole), wie beim Schach das Regelsystem Schach und die einzeln gespielte Partie, so soll zwischen dem System der Ästhetik und einzelnen
ästhetischen Aussagen unterschieden werden. So kann ich nur Schach spielen, insofern es das Regelsystem Schach gibt, aber der einzelne Spielzug ist nicht determiniert durch das System, sondern dieses ermöglicht erst die Kontingenz einzelner Züge. Ist das Regelsystem Schach etwas , das sich auf nichts bezieht: es ist nur ein System zum Spielen, so frägt sich: bezieht sich das System der Ästhetik auf etwas unabhängig von der Ästhetik Seiendes, das Schöne oder gibt es das Schöne nur so in der Ästhetik wie es Schach Matt nur im Schachspiel gibt? Spontan wird man wohl respondieren, daß es real Schönes gibt. Aber ist dies Schöne nicht selbst wiederum ein Ausfluß einer Ästhetik?
Der Anfang der Ästhetik: Ich schaue auf mein Renoirbild und sage: ein schönes Bild. Es ist wahr, daß ich das gesagt habe. Aber die Ästhetik frägt:Ist die Aussage: Dies Bild von Renoir ist schön! wahr?

Dies Urteil wird spontan gefällt. Wichtig ist die Differenz von unmittelbar und spontan. Unmittelbar ist mir nichts erkennbar! Denn ein Etwas ist immer nur in Differenz zu einem Anderen Etwas als etwas erkennbar. Ich erkenne etwas als in Differenz zu mir Verschiedenes (Nicht-Ich) und als Bestimmtes von Anderem Verschiedenes. Spontan erfassse ich so etwas aber immer vermittelt durch die Differenz von Ich zu Etwas und der Differenz dieses Etwas zu anderen Etwassen. So kann ich urteilen, das ist ein Tier, dann erfasse ich Gesehene in Differenz zu Nichttieren als Tier, ich kann aber auch urteilen, das ist eine Kuh und erfasse so das Gesehene in Differenz zu Tieren, die nicht Kühe sind und jede Gegenstandswahrnehmung setzt die Vermittlung durch die Differenz von Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmumg voraus. Das spontane Urteil impliziert, daß ich weiß, was schön ist und daß ich das Bild als dem Wert : Schön gemäß erachte. Das Befremdliche nun ist, daß ich im Akt des Urteilens weiß, was schön ist, und nach dem gefällten Urteil ratlos vor meinem Urteile stehe und die sprachliche Aussage selbst nicht zu ergründen weiß. Vorläufiger Schluß mit der Bitte um Ratschläge für ein Happy End für diesen Problemkomplex.

1Scheffczyk, Von der Heilsmacht des Wortes 1966, S.70.
2Vgl: Barthes, R., Schriftsteller und Schreiber, in. Barthes, Literatur oder Geschichte 3.Auflage 1981 S.44-53.
3Vgl: Hegel, Ästhetik
4Zitiert nach: Kunze, Mut zur Freiheit S.51.
5Selbstredend hätte hier auch Edgar Allen Poe und viele andere zitiert werden können. Lovecraft wird hier bevorzugt,
weil gerade: Cthulhus Ruf die Vernunftkritik expliziert und das Andere der Vernunft als Mythos bestimmt. Es ist kein Zufall, daß R. Bultmanns Programm der Entmythologisierung des Neuen Testaments und A. Rosenbergs: Mythos des 20. Jahrhundetes als Entmythologisierungs- und als Remythologisierungsprogramm sich gegenüberstehen.
6Lovecraft, H.P., Cthuulhus Ruf, in: Hüter der Pforten. H.P. Lovecraft und andere 2.Auflage 2003 S.19.
7Vgl: Wagner, Falk; Was ist Religion?
8Kunze, K. ,Mut zur Freiheit- Ruf zur Ordnung. Politische Philosophie auf dem schmalen Grat zwischen Fundamentalismus und Nihilismus 1995 S.13.
9Kunze, K., Mut zur Freiheit- Ruf zur Ordnung. Politische Philosophie auf dem schmalen Grat zwischen Fundamentalismus und Nihilismus 1995 S. 7.
10Kunze, K., Mut zur Freiheit S.8.
11Kunze, K., Mut zur Freiheit S.9.
12Sloterdijk, P., Heinrichs, H.-H., Die Sonne und der Tod 1. Auflage 2001 S.33.
13Syberberg, H.J., Vom Unglück und Glück der Kunst in Deutschland nach dem letzten Kriege 1990 S.40.
14Vgl: Luhmann, N., Funktion der Religion 1982.
15Syberberg, H.J., Vom Unglück und Glück der Kunst in Deutschland nach dem letzten Kriege 1990 S.34.
16Syberberg, Vom Unglück S.38.
17Fontane, Th., Stechlin Gesammelte Werke 1.Serie Bd 10 23/24. Auflage 1912 S.25.
18Vgl: Kunz, Mut zur Freiheit.
19Vgl: Lyotard, Der Widerspruch.
20Hoeres, W. Wesenseinsicht und Transzendentalphilosophie 2001 S.172-176.
21Vgl: Hegel, Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften I § 24 Zusatz 2.

22Vgl: Kunz, Mut zur Freiheit S.55.

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