Sonntag, 9. November 2014

Ein Papstkritiker wird in die Wüste geschickt

Der Papst und sein Dissident

Papst Franziskus hat nun seinen bekanntesten Dissidenten und Kritiker in die Wüste geschickt. Kardinal Burke, auf der Synode kämpfte er noch für die traditionelle Lehre der Kirche, wohl zu erfolgreich, sodaß die nötigen Mehrheiten für eine „Modernisierung“ der Kirche bei den Abstimmungen sich nicht einstellten. Es scheint so, als wenn der Papst erst Kardinal Kasper und dann die deutsch-österreichischen Synodalen in die Arena schickte, um nun die pastorale Praxis bezüglich des Themenkomplexes der Ehe, der Homosexualität und der Zulassung von „Geschieden-Wiederverheirateten“ zu reformieren. Eigentümlich: daß es um die Familie im Kontext der „Evangelisation“ gehen sollte, blieb in der medialen Darstellung und den Debatten um diese Synode völlig unter. Kein Zufall: wenn Evangelisation die „Verkirchlichung“ der Welt meint, so meinen die „Modernisierer“, daß eine weitere Einpassung zumindest der pastoralen Praxis an die Welt das Gebot der Stunde sei. Zwei Schritte voran -im Prozeß der Modernisierung-und dann einen zurück, so könnte das Urteil der Modernisierer über den Verlauf der Synode zusammengefaßt werden. Der „Zwischenbericht“ brach sozusagen die Dämme, Schneisen wurden geschlagen, um gelebte Homosexualität, als auch „Patchwork-Familien“ kirchlich salonfähig zu machen. Aber der Widerstand war stärker als erwartet und so revidiert das Abschlußdokument viele der Erfolge der Reformer.
So weit, der äußerliche Rahmen. Kardinal Burke war dem hl. Vater nun schon vor dieser Synode als Kritiker eines modernistischen Reformprogrammes mißfallen; überall war es zu lesen, daß der Papst diesen Kritiker in die Wüste schicken würde.Für den weiteren Verlauf des Diskurses über eine Neuausrichtung der Ehepastoral hat dies Folgen. Kardinal Burke ist so von den weiteren Bersatungen und den Abstimmungen ausgeschlossen.Der spontane Eindruck: der Papst erlitt eine Abstimmungsniederlage und jetzt wird er alle Reformbremser am liebsten in die Wüste schicken, um dann in einer ihm willfährigen Synode die Reformen sich absegnen zu lassen.
Daß Papst Franziskus ein Freund des offenherzigen Dialoges, der freimütigen Aussprache ist, das galt und gilt eben nicht gegenüber conservativen oder gar tradionalistischen Katholiken. Es sei an die Amtsenthebung des Opus die Bischofs erinnert. Für den Versuch einer Reintegration des Piusbruderschaft läßt das nichts Gutes erahnen.
Aber lassen wir nun die Details auf sich beruhen.Wenden wir uns der gewichtigen Frage zu: was haben wir von diesem Papst in Kenntnis dieses Ereignisses der Mundtotmachung seines profiliertesten Kritikers zu erwarten oder zu befürchten? Eines ist offenkundig: das Projekt des Dialoges, der freimütigen Aussprache gilt nicht den conservativen und gar der Tradition der Kirche sich verpflichtet Wissenden. Was will der Papst? Diese Frage ist schwer eindeutig zu beantworten. Es scheinen sich da zwei Linien zu kreuzen: die eine, die des unbedingt Auffallenwollens. Alles anders machen als alle päpstlichen Vorgänger, um so als besonderer Papst im Augenblick gefeiert zu werden und so auch in die Kirchengeschichte einzugehen. Die andere: die, nach Papst Benedikt, nun als Reformer und Modernisierer zu wirken. Von dem „Einfall“, einer Gläubigenbefragung bis hin zur Beseitigung des Reformkritikers scheint dies ein Programm zu sein, das nun konsequent durchgeführt wird: die Kirche der Welt anzupassen. Gab der hl. Vater Benedikt die Maxime der „Entweltlichung“ der Kirche aus, so konterkariert Papst Franziskus dies mit seinem Programm der Weltanpassung der Kirche. Ja, „Wir sind Kirche“ könnte sich in Bälde arbeitslos melden, wenn diese Reformstrategie weitergefahren wird. (Das könnte einer der Gründe für die Radikalisierung dieser Bewegung sein, indem sie nun nicht nur theoretisch sondern auch praktisch die gänzliche Abschaffung des Priestertumes fordert, indem sie Laien-nach ihrer Meinung-gültig Eucharistie feiern läßt. Die Kirche bräuchte keine Priester, jeder Laie könne gültig die Eucharistie zelebrieren )
Aber erstmal geht es scheinbar doch nur um Nebenkriegsschauplätze, wenn man über die Frage streitet, wer zur Eucharistie zulaßbar ist und wie homosexuelle Partnerschaften praktisch zu beurteilen sind. Dieser Eindruck täuscht aber. Es geht um etwas Prinzipielles. Es geht um die Frage, ob die Wahrheit, die Lehre der Kirche das Licht der Welt ist, sodaß die Welt nach dieser offenbarten Wahrheit zu gestalten ist oder ob die „Realität“ die Norm ist, der sich die Kirche anzupassen hat, um realitätskonform zu handeln. Pointierter ausgedrückt: es ist der Konflikt zwischen Dogmatikern
und Empirikern. Dem idealistischen Benedikt steht so der realistische Franziskus gegenüber.Nebenbei: es ist kein Zufall, daß wir überall in politischen und religiösen Organisationen einen Widerstreit zwischen „Traditionalisten“ und „Reformern“/Realpolitikern erleben.Wenn das Projekt der Moderne bestimmt war durch die Vorstellung, daß die Welt nach dem einen vernünftigen und wahren Konzept zu gestalten oder gar zu revolutionieren war, man stritt nur über die Frage, welches Konzept das wahre und vernünftige sei, so ist die Aufgabe dieser Vorstellung das Besondere der Postmoderne. Es schafft so Freiraum für das kleine Projekt statt der großen Weltentwürfe. Es ist aber auch die Resignation angesichts der Trägheit der Realität, die sich nicht vernünftig umgestalten ließ.
Man erinnere sich,kurz die Tagespolitik vergessend: da wurde die Kirche, oder die Gemeinde, die Basisgemeinde isb zum Ort zu lebender Utopien entfaltet. Das „alternative Leben“ sollte in christlichen Gemeinden gelebt-erlebbar werden als Kontrast zur schlechten Wirklichkeit. Der „Exodus“ aus den bestehenden Verhältnissen feierten Linkskatholiken und Linksprotestanten als christlich-linke Utopisten. Ja, man fand Freude am Dialog mit dem Marxismus. All das ist vorbei. Dieser Spuk ist vorbei-und was kommt jetzt. Die Welt ist in Ordnung, nur die Kirche lebe noch wie ein Mausoleum getrennt von den Vorzügen der sich humanisierenden Welt. Jetzt wollen unsere linksliberal sich umgruppiert Habenden nur noch eines: die Kirche habe sich wie ein modernes Serviceunternehmen den Konsumbedürfnissen der Weltmenschen anzupassen. Ganz selbstverständlich wird heuer die Kirche mit einem Unternehmen verglichen, das am Markt vorbeiproduziere und so ihre Ware, etwa die Sexualmorallehre nicht mehr an den Mann bringen kann-auch nicht an die Frau. Pointiert könnte formuliert werden: wenn das Wahre zu einer Ware wird, dann wird die Verkaufbarkeit zum Kriterium der Wahrheit der Ware. Für diesen Transformationsprozeß steht der Name Franziskus. Er ist fast der reine Antitypus zu dem Papst Benedikt, dem die christliche Religion die wahre Religion ist, gerade weil sie eben nicht nur auf der göttlichen Offenbarung beruht sondern auch ein Werk des vernünftigen, des philosophischen Denkens ist- die Synthese von Jerusalem und Athen! Der Papst Franziskus steht nicht allein in dieser Anti-Benedikt-Haltung. Lautete nicht ein immer wiederholter Vorwurf gegen den Papst Benedikt, daß er ein Theologenpapst sei und allein deshalb schon ein schlechter Papst. Emanzipierte sich die Kirche ganz von der Theologie und würde sich ganz darauf konzentrieren, ein Serviceunternehmen für Religion zu sein, die Kirche würde wieder marktfähig sein.Damit will ich skizzenhaft andeuten, daß die auch von mir gern benutzte Rede von der Zeitgeistanpassung der Kirche eine arge Abbreviatur des Problemes ist. Es fehlt dieser Rede nämlich die Reflexion auf das Warum des Sichanpassens an den Zeitgeist. Erst eine Reflexion auf das dieser Pastoralkonzeption zugrunde liegende Kirchenverständnis wird die Lust auf eine Zeitgeistanpassung als marktwirtschaftliches Konzept begreifen, das gerade unter den Praktikern der Kirche sehr beliebt ist: wie komme ich an mit meinem Tun und Unterlassen?

Ich überspitze diese Problemwahrnehmung jetzt, um das Anliegen verständlicher zu machen. Als Vergleich soll der Widerstreit zwischen dem planwirtschaftlichen Modell und dem marktwirtschaftlichen Modell herangezogen werden.Der Marktwirtschaftler wirft dem Planwirtschaftler vor, daß dieser meine, daß objektiv feststellbar sei, was die Menschen brauchen und auf Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen sei dann die Wirtschaft in Gänze zu führen. Von Oben, wo der Plan bestimmt wird als der vernünftige, nach unten, wo die zu Belehrenden sind, sei dann die Kommunikation strukturiert. Aber es müsse genau umgekehrt sein. Man habe auf den Konsumenten (wirtschaftlich, den Bürger (politisch) und den Gläubigen (religiös) zu hören, damit die Leitung erfährt, was der Konsument, der Bürger, der Gläubige wolle und demgemäß sei zu produzieren. Aber erst der Erfolg, wie kommt das an, zeigt, ob die Ware wahr sei. Nicht die Wissenschaft, etwa die Theologie habe so den Kurs der Kirche zu bestimmen, sondern das Wollen und Wünschen der Kirchenvereinsmitglieder! Das, und nicht das Planwirtschaftsmodell lasse die Kirche zu einer wahren Kirche im Dienst an den Menschen werden. Mit dem Ende des letzten Großversuches der Formung der Gesellschaft nach Vernunftprinzipien in der deströsen Gestaltung des Kommunismus, 1989 endete auch das Vertrauen in alle Vernunftkonzepte, die die Wirklichkeit gemäß von Ideen gestalten will. Dieser Umbruch zeigt sich nun exemplarisch in der Differenz von Papst Benedikt und Papst Franziskus, dem antiidealistischen Realisten. Und als solcher treibt er auch seine Machtpolitik. Was haben wir also zu erwarten von diesem Papst? Wohl nur dies: eine Forcierung des Prozesses der Verweltlichung der Kirche als Kontrastprogramm zu Benedikts Maxime der Verweltlichung der Kirche. Und keine Barmherzigkeit für conservative Katholiken-der Papst weiß, wo seine Feinde stehen-nur das wissen nicht alle zukünftigen Opfer seiner jesuitischen Machtpol

2 Kommentare:

  1. Gute Einschätzung des gegenwärtigen Realo-Macht-Papstes. - Zu korrigieren: viertletzte Zeile: Sie wollten sagen Benedikts Maxime der E n t weltlichung. ;-) Gruß. Windlicht

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  2. Ein guter alter Brauch bei Päpsten. Wer nicht für sie ist, ist gegen sie und wird kaltgestellt. Und sei es nur ein kleiner Priester aus der norddeutschen Provinz, wie Drewermann. Oder gar nur eine Frau wie Ranke-Heinemann. Um wie viel gefährlicher für den Papst muss dann ein Mann wie Kardinal Burke sein.
    Nicht verwunderlich der Rausschmiss.

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