Samstag, 22. November 2014

Über das Schicksal abgetriebener Kinder-Fragen ohne letzte Antworten

Fragen zum Schicksal ungetauft gestorbener Noch-Nichtgeborener
leider noch keine endgültigen Antworten



Ein Kind wird abgetrieben-kein Einzelfall in Deutschland und der Welt. Aber dieser Fall wirft theologische Fragen auf, die meinem Kenntnisstand nach noch nicht eindeutig bis ins letzte Detail geklärt sind. Den Ausgangspunkt bildet die Lehre von der Heilsnotwendigkeit der Taufe. Niemand kann in das ewige Leben eingehen, wenn er nicht getauft ist. Nun kann aber die Bluttaufe, das ist der Märtyrertod oder die Begierdetaufe die Taufe ersetzen. Der Ursprung der Vorstellung von der Begierdetaufe war wohl, daß Christen, sich auf den Empfang des Sakramentes vorbereiteten und dann starben, bevor sie das Sakrament empfingen. Hier wurde nun der Wille, das Sakrament zu empfangen schon als Empfang gewertet, weil der Nichtempfang unverschuldet war. Daraus leitete sich die weitergehende Vorstellung ab, daß Menschen, die das Sakrament unverschuldet nicht empfangen konnten, etwa der Philosoph Platon, weil es zu seiner Zeit das Taufsakrament der Kirche noch gar nicht gab, so angesehen werden, als ob sie es empfangen hätten, wenn man annimmt, daß wenn sie es hätten empfangen können und es auch gekannt hätten, sie das Sakrament auch empfangen hätten wollen-nach dem Motto: ein Denker, der so weise über Gott dachte wie Platon und ein Leben gemäß dem Grade seiner (natürlichen) Gotteserkenntnis führte, der hätte, wenn zu seiner Zeit es das Taufsakrament schon gegeben hätte, es auch empfangen.
Also gibt es als Ersatz für die fehlende Taufgnade die Bluttaufe und die Begieretaufe.
Was ist nun aber mit Menschen, die ungeboren abgetrieben werden? Die Bluttaufe als auch die Begierdetaufe können für sie nicht in Frage kommen? Dann bliebe für sie nur der Ort des Limbus, das meint einen Ort, der nicht identisch ist mit dem Himmel und auch nicht mit der Hölle und der auch kein Zwischenstadion sein soll wie das Fegefeuer. Es ist der Ort der Ausschließung vom ewigen Heil, aber auch der Ort, an dem die Dortigen außer dem Ausgeschlossensein vom Reich Gottes kein Strafleiden erdulden müssen wie im Fegefeuer und in der Hölle.
Die Lehre vom Limbus kannte noch nicht das Problem des millionenfachen Kindermordes, der Abtreibung und der Frage des Schicksales dieser ermordeten Kinder. Sie werden so gesehen durch ihre Abtreibung ja nicht nur des endlichen Lebens beraubt, sie werden getötet,bevor sie je das Licht der Welt sahen, sondern auch des ewigen Lebens in der Gemeinschaft mit Gott. So ist jede Tötung ungeborenen Lebens immer auch ein Seelenmord. Aber das Bedrückende dabei: daß diese Kinder völlig chancenlos sind. Nach der Lehre der Kirche, seit dem 2.Vaticanum wird-wohl übertrieben darauf verwiesen, daß jeder Mensch, wenn er nur gemäß seinem Gewissen lebe, und das könnte auch für einen Atheisten gelten, ins ewige Leben eingehen können. Nur die getöteten Kinder wären so ausgeschlossen vom Heil.
Man kann nicht umhin, daß diese Vorstellung schwer vereinbar ist mit der Lehre von Gottes Gerechtigkeit. Im Geiste des Erasmus von Rotterdamm wäre zu fragen, ob das nicht so wäre, als erklärte die Kirche Blinde dafür schuldig, daß sie nicht sehen können, was sie sehen sollen.

Die Urkirche stand schon einmal vor einem ähnlichen Problem. Seit dem Jesus die Taufe als heilsnotwendig erklärte in seinem Nachtgespräch mit Nikodemus, galt: ohne Taufe kein Heil. Nun wurden Heiden Christen-und sie frugen nach dem Heil ihrer Eltern, die schon verstorbenen oder sonstiger lieben schon verstorbenen Verwandten und Freunde! In den Anfängen der Germanenmission soll das auch ein gravierendes Problem gewesen sein. Da wollte sich der Germanenhäuptling schon bekehren und sich und die Seinen taufen lassen, da hatte er noch eine letzte Frage an den Missioinar: Und was ist mit meinen Vorfahren, meinem Vater und meiner Mutter? Da antwortete der Missionar: ohne Taufe kein Heil. Da rief dann so mancher aus: „Lieber mit meinen Vorfahren in der Hölle als ohne sie im Himmel“-und die Taufe fand nicht statt! Die urchristliche Kirche fand im Sakrament der Taufe für dies Problem die Antwort. Paulus berichtet uns davon im 1.Korintherbrief: „Was soll es sonst, daß sich einige für die Toten taufen lassen?“ (15,29) Die dieser Taufpraxis zu Grunde liegende Tauflehre besagte, daß man sich zugunsten von Verstorbenen, einen oder mehrere ist stittig, taufen lassen konnte. Diese Taufe kam dem Verstorbenen so zu gute, daß er von Gott wie ein Getaufter angesehen wurde, Er ging also ins ewige Leben ein. Diese Taufpraxis ist dann später von der Kirche verboten worden. Sie wäre weiterhin gültig, wenn man sie so praktizierte, aber unerlaubt. Man könnte jetzt meinen, daß die Messe für Verstorbene diese urchristliche Praxis ersetzt habe. Aber es stellt sich die Frage, ob eine für einen Verstorbenen gelesene Messe wirklich das Taufsakrament ersetzen kann. Und dafür findet sich leider bis jetzt keine eindeutige Antwort. Man könnte urteilen, daß nur die Bluttaufe und die Begierdetaufe die Taufe ersetzen könnten, aber die Ausschließlichkeit ist gerade nicht die Intention dieser Lehre von den Ersatztaufen: sie will gegen einen unchristlichen Rigorismus sagen, daß es auch noch andere Möglichkeiten gibt,nämlich diese zwei.
Nun ist gewiß die Wirkkraft eines Gebetes und auch eines für einen Verstorbenen aufgeopferten Rosenkranzes geringer als die einer für ihn applizierten Messe, aber die Kraft des Rosenkranzgebetes darf nun auf keinen Fall gering geschätzt werden.
Luther, leider kein zuverlässiger Theologe, riet, wohl mehr als Seelsorger denn als Dogmatikkenner, daß die Eltern für ihr ungetauft verstorbenes Kind kräftig und vertrauensvoll beten sollten, dann werde Gott sie erhören und ihr Kind retten. Aber ist das auch wahr-oder nur eine Vertröstung für die um ihr Kind trauernden Eltern.

In der Praxis der Kirche kennen wir so nur die Taufe zugunsten der ungetauft Verstorbenen, von der es sicher ist, daß sie den Ungetauften zu Gute kam. Warum wurde sie dann von der Kirche verboten? Man halte sich dies vor Augen; noch zu den Zeiten des hl. Augustin war die Spättaufe die Regeltaufe. Man vertraute darauf, daß das Sakrament der Taufe alle Sünden abwusch, sodaß man getauft in den Himmel eingehen werde-es sei denn, daß man nach dem Empfang der Taufe schwer sündigte. Wie werde ich meine Sünden wieder los, wenn ich schon getauft worden bin und es für mich keine zweite Taufe geben konnte. Die pragmatische Lösung: man verzögerte die Taufe bis kurz vor dem Sterben, in der Hoffnung, dann die Restlebenenszeit ohne zu sündigen zu überstehen, um ins ewige Leben so eingehen zu können. Könnte man nun, wenn man verstorben ist, sich taufen lassen durch liebe Freunde und Verwandte, wer würde dann sich noch vor dem Tode taufen lassen? Denn die Taufgnade ist zwar prinzipiell unverlierbar (so die Lehre der Kirche), aber ich kann sie durch mein Sündigen so kontaminieren, daß ich trotz meines Getauftseins nicht ins ewige Leben eingehen kann. Verpflichtete die Taufe den Getauften zu einem christlichen Leben, damit er so ins ewige Leben eingehe, hätte die Verschiebung der Taufe auf nach den Tod den „Vorteil“, daß man weiter wie ein „alter Heide“ leben könnte bis zum Tode, vertrauend darauf, daß die Taufe nach dem Tode dann vollkommen reinwäscht von allen Sünden des prämortalen Lebens. Es gab also gute seelsorgerliche Gründe, diese urchristliche Taufpraxis später zu verbieten.Aber man darf sie nicht als ungültig bewerten, denn dann hätte sie die Alte Kirche nie praktiziert und Paulus sie gutgeheißen sondern den Korinthern gesagt:“So nicht!“
Aber denken wir nicht zu gering von der Wirkkraft der hl. Messe, wenn wir ihr nicht zutrauen, ungetauft gestorbenen Kindern zugute kommen zu können? Das ist für mich das größte Bedenken gegen die These, daß ausschließlich die Bluttaufe und die Begierdetaufe die Taufe vollwertig ersetzen können.
Halten wir uns doch den hl. Text vor Augen, der uns die Praxis der Messe zugunsten von Verstorbenen vor Augen hält. Selbst in der lutherischen Bibel, (1984) lesen wir als Überschrift: „Sühnopfer für Gefallene, die Schuld auf sich geladen hatten“ und das, obwohl doch Luther aufs ernergischste lehrte, daß es nur ein Sühnopfer, das Jesu Christi am Kreuze gebe und alles andere keine sind. Der Text steht im 2.Makkabäer 12, 39-46: es ist kein Zufall, daß Luther mit den beiden Makkabäerbüchern auch gerade diesen Belegtext für die Praxis des kirchlichen Sühnopfers zugunsten von Verstorbenen aus der Bibel entfernte, indem er sie als „apokryph“ diffamierte. Was war der Fall? Krieg war-eine Schlacht galt es zu schlagen. Einige Soldaten hängten sich nun Amulette um, heidnische, mit dem Gottglauben unvereinbare. Diese heidnischen Amulette, die die Soldaten vor dem Tode in der Schlacht bewahren sollten, brachten ihnen nun aber den Tod in der Schlacht. Gott tötete sie in der Schlacht, weil sie so vom Glauben abgefallen waren. Die Kameraden bekannten: Gott ist ein gerechter Gott, darum strafte er sie so.
Aber sie dachten nun auf die große Hoffnung Israels, an die Verheißung der Auferstehung von den Toten. Eines war ihnen klar: ihre gefallenen Kamerden werden am Tage des Endgerichtes nicht ins ewige Leben eingehen-weil sie so schlimm gesündigt hatten. Gott hatte die Sünder ja mit dem Tode bestraft-also kann das keine läßliche Sünde sein!
Was nun? Sie sammelten Geld, brachten es zum Jerusalemer Tempel, damit dort die Priester für die Gefallenen ein Sühnopfer darbringen. Das war das erste Sühnopfer, von dem die Bibel uns erzählt, dargebracht für Verstorbene, damit auch sie, obgleich sie schwer gesündigt hatten, ins ewige Leben eingehen können. Gottes Gnadenordnung wird hier narrativ expliziert: selbst für den schwersten Sünder, der sein Leben einem Götzenbild anvertraute, statt auf Gott zu vertrauen, gibt es eine berechtigte Hoffnung, wenn Priester für ihn ein Sühnopfer darbringen-und das ist das kirchliche Meßopfer für die Verstorbenen. (Wie sich dies kirchliche Meßopfer, das des alten und des neuen Bundes zu dem Kreuzaltaropfer verhält, vgl dazu meine Artikel dazu zu diesem Thema)
Wenn das Opfer der jerualemischen Priester eine Entsühnung für so schwere Sünder erwirken konnte, wie sollte dann das kirchliche Meßopfer nicht auch für ungetauft Verstorbene und gerade für die abgetriebenen Kinder Eintsühnung schaffen, sodaß auch sie ins Reich Gottes eingehen können? Denn die Wirkkraft des Opfers der Makkabäer wie das des kirchlichen Meßopfers ist ja immer nur die eine, das Opfer Jesu Christi selbst.
Aber so wird es nicht offiziell von der Kirche gelehrt-das Gegenteil aber auch nicht,
Und wie steht es mit der Wirkkraft des Rosenkranzgebetes für die ungetauft Vertorbenen, die ermordeten Kinder? Die Antwort steht und fällt mit der Frage, ob Blutttaufe und die Begierdetaufe ausschließlich gemeint sind: nur die, oder ob sie zwei Ersatze benennt, ohne weitere Möglichkeiten ausschließen zu wollen! Eine offene Frage.
Aber eines muß uns Christen beunruhigen: die vielen, vielen Kinder, die, bevor sie zur Welt kommen, umgebracht werden und die so ungetauft vom Reich Gottes ewig ausgeschlossen sind-wenn die Kirche nicht Wege findet, auch für sie das Heil zu erbeten durch Opfer oder durch Beten.





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