Dienstag, 24. Februar 2015

Anmerkung zu: Was ist ein traditioneller Katholik?

Es ist schon ein gewagtes Unterfangen, in wenigen Punkten festmachen zu wollen, was einen traditionellen Katholiken ausmacht. Dafür ist dies hier wirklich gelungen. Aber trotzdem bleibt ein Unbehagen, liest man den Text genau. Es entsteht das Bild eines Vereines namens Kirche, deren Zentralanliegen es ist, sich distinkt von der Welt zu unterscheiden durch eine Binnenmoral, deren Spezificum die Abgrenzung von der Welt ist. Vehement wird dann kritisiert, daß die Kirche im Gefolge des 2. Vaticanums sich der Welt zusehr angepaßt habe und daß diese Reform so schädlich für das Innenleben des Vereinslebens sei! Das ist alles irgendwie richtig und doch verzeichnet es das vorkonziliare Verständnis von der Kirche. Was uns geboten wird, ist eigentlich die Angleichung des Kirchenverständnisses an das amerikanische Kirchenorganisationsverständnis, das seinen Grund im Protestantismus hat und zwar im "linken" Flügel der Reformation, der sich gegenüber der Obrigkeitsfixierung Luthers durch eine große Distanz zum Staat auszeichnet. Man will eigentlich ein autonomer Verein sein, der die Welt nur außer sich hat und der aus der Welt rettet, wie die Arche Noah die Menschen und Tiere rettete, indem sie sie aus der Welt fortnahm in die Arche. Der Gott dieser "Vereinskirche" ist nur ein Gott des Vereines, der die Welt Welt sein läßt, Hauptsache, das Leben im Verein ist in Ordnung.
Traditionell versteht sich dagegen die Kirche als von Gott eingesetzte Institution, die in Cooperation mit der Institution Staat die Welt zu regieren habe. Man denke an die Zwei Schwerter-Lehre, expliziert in der Bulle: "Unam sanctam"! Einfacher gesagt: die Königsherschaft Christi limitiert sich nicht auf den Innenraum der Kirche. Wenn Lefebvre über das 2. Vaticanum urteilt, daß es Christus entthront habe, meint er damit nicht in erster Linie die Liturgiereform (!), sondern daß die Kirche in diesem Konzil die Säkulaisierung der Welt anerkannt habe und daß sie sich nur noch verstehen will als legitimer Teil der pluralistischen Gesellschaft. Traditionell verstand man unter der Königsherrschaft Christi, daß das ganze Leben gemäß der offenbarten Wahrheit zu gestalten sei. Und das war die heilige Idee der konstantinischen Epoche: der Wille zur Weltgestaltung, damit in ihr Christus zur Herrschaft komme.
Aber seit den innerchristlichen Religionskriegen des 17 Jahrhundertes kam eine neue Parole auf: je mehr die Kirche und die Religion aus Politik und Wirtschaft und öffentlicher Moral ausgegrenzt wird, desto besser ließen sich diese Räume des Lebens gestalten, humaner und auch effektiver. Die Aufklärungsparole nach einer autonomen Moral (Kant) und der Forderung nach Gewissensfreiheit ist somit zuallererst immer die Forderung, daß das öffentliche Leben,die Politik, die Wirtschaft und die öffentliche Moral von der Beherrschung durch die Kirche und der Religion zu emanzipieren sei! Dem korreliert aufs trefflichste eine sich ins Vereinsghetto zurückziehende "Kirche", die nur noch eine Gruppenmoral lebt und die Welt sein läßt, wie sie ist. 
Es ist die Meinung, daß für das öffentliche Leben die menschliche Vernunft vollständig ausreiche, und daß die Offenbarung Gottes nur eine Bedeutung für das individuelle Seelenheil habe, sodaß die offenbarte Wahrheit für das weltliche Leben überflüssig sei. Das reproduziert sich dann auch notwendigerweise in der christlichen Existenz, die sich aufspaltet in den Bereich der Innerlichkeit, da, wo ich meinen Jesus regieren lasse und der Welt, in der ich weltlich leben muß, weil ich auch in ihr leben muß, wenn auch nur um des Broterwerbes willen. Diese Reduktion auf das Leben in der Gemeinde und in der Innerlichkeit der Privatexistenz sind nun aber auch die Korrelate zur Vorherrschaft der Weltanschauung des Liberalismus. Denn gerade diese Weltanschauung gestattet jedem privatissimo zu glauben und zu leben, was und wie es ihm gefällt, akzeptiert er, sobald  er öffentlich lebt, dann die öffentlichen Regeln. 
Privat stammt vom lateinischen Verbum: prio, und das meint sowohl: berauben wie auch befreien. Das Christentum zur bloßen Privatexistenz zu reduzieren, beraubt so Christus seines Herrschaftsanspruches! Oft liegt dem eine fatale Abwertung des AT zugrunde, als wäre es Jesu Anliegen gewesen, das Gottesverhältnis des Alten Bundes, das eines von Gott und seinem Volke war und das ein öffentliches Leben gemäß dem Bund mit Gott einforderte, aufzulösen in ein  rein privates, das nur noch mich und Gott kennt -in Unmittelbarkeit zueinander- und den religiösen Verein, in der das persönliche Verhältnis, meine Beziehung zu Gott gesellig -intersubjektiv- gestaltet  wird. 
Es gehört zu den Besonderheiten der amerikanischen Kulturgeschichte, daß in ihr ein unterentwickeltes Verständnis von der Ordnung des Staates vorherrscht und daß so auch die amerikanische Theologie darunter leidet. Das führt dann seltsamerweise zu einer Idealisierung der Vereinsstruktur für die Kirche, wohingegen die traditionelle Theologie gerade, indem sie in dem Staat den Cooperator der Kirche sieht, den dazu bestimmten Cooperator, sich als Kirche im institutionellen Sinne begreift!        
                 

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