Samstag, 18. Juli 2015

Der Jesuit und die Verweltlichung

E.T. A. Hoffmann verdanken wir diese Kurzskisse eines verweltlichten Jesuiten, in: "Die Jesuitenkirche in G."1816 geschrieben! Man beachte das! Der Jesuiten Professor sagt: " Es ist wahr,[...]wir haben jenen düsteren Ernst, jene sonderbare Majestät des niederschmettternden Tyrannen, die im gotischen Bau unsere Brust beklemmt, ja wohl ein unheimliches Grauen erregt, aus unseren Gebäuden verbannt, und es ist wohl verdienstlich, unseren Werken die regsame Heiterkeit der Alten anzuzeigen."-"Sollte aber",erwiderte ich, "nicht eben jene heilige Würde, jene hohe, zum Himmel strebende Majestät des gotischen Baues recht von dem wahren Geist des Christentums erzeugt sein, der, übersinnlich, dem sinnlichen, nur in dem Kreis des Irdischen bleibenden Geiste der antiken Welt geradezu widerstrebt?" -Der Professor lächelte."Ei", sprach er , "das höhere Reich soll man erkennen in dieser Welt, und diese Erkenntnis darf geweckt werden durch heitere Symbole, wie sie das Leben, ja der aus jenem Reich ins irdische Leben herabkommende Geist darbietet. Unsere Heimat ist wohl droben; aber solange wir hier hausen, ist unser Reich auch von dieser Welt." Jawohl, dachte ich: in allem, was ihr tatet, beweiset ihr, daß euer Reich von dieser Welt ist." (Hoffmann, Die Jesuitenkirche in G., in: E.T.A. Hoffmann, Gesammelte Werke in Einzelausgaben Bd 3, Nachtstücke-Seltsame Leiden eines Theaterdirektors, 2.Auflage 1983, Aufbau Verlag, S.115f.

Weiterhin wird dieser Zeitgeistjesuit so charakterisiert:
"[...]aber seine Gespräche, die er mit den Kollegen, die an dem Mahl teilnahmen, führte, überzeugte mich, daß trotz aller Gelehrsamkeit, aller Weltgewandtheit sein Sinn fürs Höhere gänzlich verschlossen und er der krasseste Materialist war, den es geben konnte. Das System von dem Fressen und Gefressenwerden[...]hatte er wirklich adoptiert. Alles geistige Streben, Erfindungs,-Schöpfungskraft leitete er aus gewissen Konjunkturen der Eingeweide und des Magens her, und dabei kramte er noch mehr närische abnorme Einfälle aus.Er behauptete zum Beispiel sehr ernsthaft, daß jeder Gedanke durch die Begattung zweier Fäserchen im menschlichen Gehirn erzeugt würde." (S.123)

200 Jahre später liest sich das dann so: (Jesuiten 2015/2, S.19) Patrick Zoll SJ:Die Unterscheidung der Zeitgeister: "Ein Blick auf die jüngere Kirchengeschichte zeigt aber, dass die Kirche immer wieder mühsam lernen muss, die Zeitgeister zu prüfen: Heute irritiert uns z.B. , dass man auf der einen Seite lange  die Idee der Menschenrechte und speziell  der Religionsfreiheit als modernen Zeitgeist verteufelte, während man auf der anderen Seite zu lange brauchte, um als Institution dem Zeitgeist des Nationalsozialismus entschieden und konsequent entgegenzutreten." Und selbstverständlich müsse man jetzt gegen Pegida sein. Dieser Dozent an der Hochschule der Philosophie ist ein wahrer Zeitgeistsurfer. Die Polemik wider die Kirche, sie habe zu spät und dann wohl auch nicht entschieden genug zum Nationalsozialismus Stellung bezogen, wird hier einfach als historische Wahrheit verkündet- ohne ein Wort über das päpstliche Schreiben "Mit brennender Sorge" zu verlieren und auch die Kritik an Alfred Rosenbergs "Mythos des 20.Jahrhundertes" vergißt er- aber so ist das eben zeitgeistgemäß! Und spätestens seit dem Amnesty International das Menschenrecht auf Abtreibung propagiert, sollte man der schönen Idee der Menschenrechte doch wohl kritisch gegenüberstehen müssen! Und daß die Kirche sich schwer tat, ein Recht zum Sündigen, nämlich eine falsche Religion zu praktizieren und zu verbreiten,anzuerkennen, dürfte jedem einsichtig sein!  Nur wer alle Religionen als gleichgültig ansieht, wird an der Religionsfreiheit uneingeschränkte Freude haben. Aber all das sind Probleme, die ein ganz im Zeitgeist Befangener gar nicht mehr wahrnehmen kann!       

Wie erklärt sich die besondere Affinität des Jesuitenordens zur Lust auf die Verweltlichung der Kirche? Daß heuer dieser Orden zur Sperrspitze der Bewegung, die Zukunft der Kirche liegt in ihrer konsequenten Verweltlichung und Einpassung in die Welt ist, ist unübersehbar. Aber warum ist das so, das ist eine nicht leicht respondierbare Frage. Der Grund dafür ist wohl in der Gründerfigur selbst und seiner Gründung von Anfang an zu suchen und nicht so sehr erst in einem späteren Abfall von dem eigentlich guten Anfang.  Ich vermute, daß das gestörte Verhältnis zur Wahrheit den Anfangspunkt dieser Entwicklung bildete, die Meinung also, daß, nicht weil es wahr es, die Kirche lehrt,sondern daß es wahr ist, weil es die Kirche lehrt. Die Autorität setzt die Wahrheit, und wenn die Autorität der Kirche durch die der Welt ersetzt wird, ergibt das das Programm der Verweltlichung der Kirche. Aber warum ersetzte man dann die Autorität der Kirche durch die der Welt? Vielleicht, weil seit der Aufklärung die Autorität der Kirche in Frage gestellt worden ist, daß man mit ihr nicht mehr als oberstes Prinzip argumentieren konnte. Hier wäre noch vielerlei zu erforschen- aber jetzt, wo ein Jesuit Papst ist, sind wir auch genötigt, uns mit diesem Orden intensiver zu beschäftigen!     

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