Freitag, 25. März 2016

Irritierendes zu Gründonnerstag- Zur Fußwaschung und zur Eucharistie

Der Leser des Johannesevangeliums stößt bei aufmerksamen Lesen auf etwas Befremdliches: nicht da, wo es zu erwarten wäre, kurz vor der Darstellung seiner Kreuzigung, ab Kapitel 18, sondern im 6. findet man die Entfaltung der johaneischen Lehre der Eucharistie unter der Frage: Was essen und trinken wir da zu welchem Zweck, während dann an der Stelle, wo die anderen Evangelisten ihre Darstellung der Einsetzung der Eucharistie durch den Heiland bringen, Johannes die Erzählung von der Fußwaschung bringt! Das kann kein Zufall sein, denn das Wo bestimmt auch den Inhalt des dann da Geschriebenen. 
These: Das Anliegen der johaneischen Theologie ist es, die Heilsqualität der Elemente der Eucharistiefeier, des Brotes und des Weines damit zu erklären, daß das Brot das Fleisch und der Wein das Blut des vom Himmel, von Oben, von Gott zu uns Gekommenden ist. Ein Zwei-Welten Schema liegt dem zu Grunde: die wahre Welt des Göttlichen, dem Jenseits und die Welt, in der wir leben, die  von Gott abgefallene und vom Sein zum Tode bestimmte. Weil nun Jesus Christus der aus der wahren Welt ist, ist er allein der Grund dafür, daß wir durch ihn wieder Anteil bekommen an der wahren Welt, dem Leben. Dies ereignet sich im Essen und Trinken seines Fleisches und Blutes. Die Heilsqualität seines Fleisches und Blutes gründet sich so aus dem Woher seines Fleisches und Blutes. Darum führt Jesus im 6. Kapitel des Johannnesevannglums ((32-59) eine intensive Auseinandersetzung mit dem Mannawunder, dem Himmelsbrot, das dem jüdischen Volke Gott vom Himmel gab. Nicht dies Manna sondern er allein ist das wahre Himmelsbrot, das das ewige Leben vermittelen kann. Nicht durch die Kreuzigung wird sein Fleisch und sein Blut so zum Opferfleisch und Opferblut geworden zur Heilsspeise und zum Heilstrank. Sie sind es ob ihres Wohers, ihres Seins von Oben. 
In exegetischer Fachliteratur wird hier gern vom gostischen Erösermythos gesprochen. Der Mythos setzt einen Zwei-Welten-Dualismus voraus, denn den auch das Johannesevangelium bestimmt, von der wahren Welt als der Obigen, der Göttlichen und der gefallenen, und daß die Menschen in der gefallenen nur gerettet werden können, wenn ein Erlöser aus der wahren Welt in die gefallene hinabsteigt, um durch die Vereinigung mit den Menschen in der gefallenen Welt diese aus ihr zu befreien. Die Vereinigung kann nun durch die Erkenntnis des Erlösers als von Oben kommend geschehen, das ist durch den Glauben, daß er von Gott, von Oben kommt und kann auch sakramental sich ereignen durch ein heiliges Essen. Das ist das Besondere der johaneischen Theologie.
Bedauerlicherweise ist dieser Forschungsansatz seit der Dominanz des Philosemitismus in der Forschung des NT zurückgedrängt worden, weil nun das ganze NT nur noch als Fortschreibung des AT verstanden wird und es so keine gnostischen, nichtjüdischen Vorstellungen im NT geben darf. Das Gnostische klingt eben zu griechich platonisch influenziert als daß es noch rein jüdisch sein könnte. Theologisch müßte man dagegen den gnostischen Erlösermythos rekonstruieren aus der natürlichen Gotteserkenntnis und der Einsicht der Nichtselbsterlösbarkeit des Menschen: Nur ein Gott von Oben kann uns erlösen. Als Mythos erscheint diese Einsicht notwendigerweise bis zu dem Punkt, da das spekulativ Erschlossene, (wenn es eine Erlösung geben kann für uns dann nur so) sich realiter ereignete in der Geschichte der Menschwerdung Gottes in Jesus von Nazareth.
Darum kann im Sinne der johaneischen Theologie die Eucharistie nicht am Gründonnerstag expliziert werden sondern die Eucharistielehre gehört in den Weihnachtsfestkreis. Statt der Lehre der Eucharistie bringt deshalb das Johannesevangelium die Erzählung von der Fußwaschung: Ihr seid rein, aber noch nicht vollkommen, reinigt euch, bis ihr ganz rein seid. 
Aber was für eine Fatalität entsteht nun für die Liturgie, daß sie am Gründonnerstag, statt den drei Evangelien Markus, Lukas und Matthäus zu folgen, hier die johaneische Fußwaschung feiert! Genau das Wichtige des Gründonerstages rückt so aus dem Mittelpunkt des Geschehens: die Einsetzung der Eucharistie und des Priestertumes des Neuen Bundes durch Jesus Christus selbst! 
Es gibt gute theologische Gründe, das Anliegen des johaneischen Eucharistieverständnisses in die Theologie der Eucharistie aufzuheben als der Erkenntnis, daß sein Blut und Fleisch nur uns Heilbringendes ist, weil es von Oben, göttlich ist. Hier muß die Einheit der Person Jesu Christi betont werden, denn in der Eucharistie erlangen wir im heiligen Essen und Trinken nicht nur eine Vergemeinschaftung mit ihm als wahren Menschen sondern auch als wahrem Gott. Aber der Fußwaschungsritus setzt eigentlich den Eucharistieempfang voraus und will dann noch ergänzend purifizieren im Sinne des Evangelisten. 
So gewichtig nun auch diese Fußwaschaktion ist, symbolisch als Aufforderung zum Sichreingen und als Beispiel des Einanderdienens, so wenig hat dies mit dem Wesen der Eucharistiefeier zu tuen. Es ist traurig, daß so durch den Akt der Fußwaschung das Wesentliche des Gründonnerstages verdrängt wird.  Und wie notwendig wäre gerade in unsrer glaubensschwachen Zeit die Katechese der Eucharistie!            
                

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