Freitag, 22. Juli 2016

"Das Unbehagen in unserer Kirche"

Professor Dr.Kurt Krenn, einer der wenigen großen Bischöfe des deutschsprachigen Raumes, titelte so 1972 zur Lage der Kirche. In der Juli/August Ausgabe 2016 des Magazines: "Der 13" wird diese Betrachtung dankenswerterweise wiedergegeben. (S.1-3). "Krise" ist der Begriff, der den kirchlichen Diskurs bestimmt. Mit dem Krisengerede verbergen wir "unsere Mutlosigkeit, unsere Ratlosigkeit, unsere Ideenlosigkeit und Resignation." (S.1) Pointiert wird der Istzustand 1972 beschrieben, der so ganz und gar dem Jetztzustand ähnelt: "Statt gläubig sind wir kritisch geworden, statt religiös ist man mitmenschlich, statt aktiv ist man heute agitierend [jetzt politisch korrekt], statt denkend redend, aus der knienden Kirche ist heute eine gremialsitzende Kirche geworden." (S.1) " Aus Mission machen wir reine Entwicklungshilfe; aus Religion wird nur mehr Dienst an der Kirche und an den Menschen gemacht. Aus den Priestern macht man heute sozial-kritisch engagierte Funktionäre." (S.2) Der Titel besagt alles: Aus der Kirche Jesu Christi wurde unsere Kirche, eine deren höchster Wert der Mensch ist. Für ihn ist die Kirche eben ein religiöses Serviceunternehmen, das sich nach der Nachfrage ihrer potentielen Klienten und Kunden orientiert.Das Eigentümliche ist nun, daß Kurt Krenn hier richtig beobachtet, daß dabei das Religiöse durch die Kirche selbst in den Hintergrund gerückt und ersetzt wird durch einen sozial engagierten Humanismus. Man könnte meinen, daß die Kirche selbst ihr "Produkt": christliche Religion für so schwer an den Mann und die Frau zu bringen hält wie Ex-DDR Autohändler nach der Wiedervereinigung keine Trabis mehr verkaufen konnten! Nur DDR-Nostalgiker fahren noch diese Automobilmarke. Ihre Zeit ist eben abgelaufen! So ähnlich erachten wohl die Kirchenleitungen, wie Krenn schon im Jahre 1972 feststellte, den Marktwert der christlichen Religion. So versucht man es eben mit Surrogaten: ein (kleinbürgerliches) Vereinsleben vor Ort in der Gemeinde plus humanitäres Engagement!  Die Gehalte der Religion und gar die Glaubenslehre der Kirche- alles nur noch was für Kirchennostalgiker!  
Seit 1972 hat sich an dieser Lage nichts wesentliches geändert. Krenns Beschreibung kann Punkt für Punkt auf die Jetztlage übertragen werden. Schaute man genauer hin, fänden sich aber doch gravierende Änderungen. Nahm  Krenn 1972 die Kirche als gesellschaftskritisch engagiert wahr, so überwiegt heute weitestgehend die affirmative Tendenz in der Kirche. Kirchenreformer wollen nicht mehr Gesellschaftskritiker sein sondern sie wollen, daß die Kirche sich endlich der Welt anpaßt, denn die Kirche läuft der gesellschaftlichen Entwickelung hinterher! Anders gesagt: Nicht mehr ist die Kirche das Licht der Welt, an dem sich die Welt zu orientieren hat, sondern die Kirche soll das Licht der Welt endlich in sich aufnehmen, um aus dem Dunkel der vorkonziliaren Kirche zur Lichtkirche sich zu modernisieren! War für Linkschristen die Kirche bzw die Gemeinde die Avantgardeorganisation zur radicalen Veränderung der bürgerlichen Gesellschaft und Kultur, so erscheint den heutigen Linksliberalchristen die postmoderne Gesellschaft das Ideal, an das sich die mit der Zeit nicht mitgekommende Kirche jetzt einzupassen hat, indem sie sich konsequent verweltlicht. Nicht mehr die Verchristlichung der Welt sondern die Verweltlichung der Kirche ist jetzt die Tagesparole aller Katholischen Reformbestrebungen!
Die Kirche hat zwar frühzeitig und angemessen die Gefahren des Modernismus erkannt und gekämpft, aber nach dem 2. Vaticanum siegte der Modernismus in ihr. Was Krenn beschreibt, sind eben die authentischsten Manifestationen des Sieges des Modernismus in der Kirche. Nur, warum konnte und kann in der Kirche Gottes der Modernismus so kraftvoll siegen? Hat Gott es zugelassen? Aber warum? Eine so katastrophale Kirchenkrise darf ein Christ ja nicht nur ansehen als ein Produkt menschlichen Handelns oder Unterlassens! Die Kirche ist eben nicht "unsere Kirche", sondern Gottes eigenes Eigentum und in dem ereignet sich diese Krise! Wer kann hier eine Antwort geben?       

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