Sonntag, 28. August 2016

Wahrheit -Nein Danke (Desinteresse an der Theologie Teil 5)

So schwer es auch fällt, das, was Postmoderne bezeichnen will, auf den Begriff zu bringen, die Zeit, in der wir nun leben nach dem Ende der Moderne, so kann doch geurteilt werden, daß die Kritik an der Vorstellung einer erkannten und im Besitz von Menschen sich befindenden Erkenntnis der Wahrheit zu den Zentren postmodernen Denkens gehört. Den Ausgangspunkt bildet dabei die Reflexion totalitärer Staaten mit ihrer jeweiligen Ideologie, die als die einzig wahre in totalitären Staaten eingesetzt wurde. Nicht herrschsüchtige Despoten und Tyrannen standen im Visier der Kritik, sondern Ideologien, die sich als die einzige Wahrheit verstanden und die so jede weltanschauliche Abweichung von ihnen bekämpften.
Nichts legitimiere den Herrschaftswillen des Einen über den Anderen mehr als der Besitz der Wahrheit, die den Kampf gegen die Unwahrheit einfordet. Denn die Wahrheit duldet die Unwahrheit nicht neben sich.  Jede Art von Tatalitarismus gründe sich so durch die Behauptung, im Besitz der erkannten Wahrheit zu sein.
Wahrheit mache unfrei, das könnte als das Grundcredo postmodernen Denkens angesehen werden. Ja, schon das Streben nach der einen Wahrheit wäre so gesehen schon nur eine Manifestation des Willens zur Macht. (Vgl hierzu etwa Cioran, Lehre vom Zerfall).Nur wo die Wahrheit als unerkennbar gilt, könne  Toleranz gelebt werden. 
Wenn ich genau wüßte, wie jeder Mensch zu leben hat, wie könnte dann noch eine Pluralität von Lebensgestaltungen legitmierbar sein, wenn doch nur eine bestimmte die einzig wahre ist. 
Schnell weitet sich dann der Blick auf die Geschichte der Religionskriege, der Kreuzzüge und der Inquisition, aber auch auf die stalinistischen Schauprozesse, um auszurufen: Nichts gefährdet die Freiheit und den Frieden mehr als erkannte und im Besitz von Menschen sich befindende Wahrheiten. Nicht ist also das Zentralanliegen das der Dekonstruktion dieser vermeintlichen Wahrheiten, sondern die Proklamation der Gefährlichkeit von erkannten Wahrheiten. 
Das hat deströse Folgen für alle Geisteswissenschaften und insbesodere der Theologie. In ihnen soll es keine Wahrheitserkenntis mehr geben. Geisteswissenschaftliche Erkenntnisse werden so zu Konsumwaren: Gefällt mir das, sagt mir das zu? Die Theologie wird dann zum ideengeschichtlichen Archiv von was wer wie über Gott gedacht hat. Es wird so gar nicht mehr damit gerechnet, daß im Diskurs über Gott wahre Aussagen anzutreffen sind- es sind nur Manifestationen religiöser Vorstellungen von Gott: Was dachte Thomas von Aquin im Gegensatz zu Luther über Gott?-Wahr ist dann die theologische Aussage, die die Differenz angemessen wiedergibt, aber nicht, wer den adäquater Gott gedacht habe! 
So wird die Theologie zu etwas letztendlich sinnlosen, weil ihr der Geschmack an der Wahrheit abhanden gekommen ist.  
(vgl dazu auch: Uwe C. Lay, Der zensierte Gott. Wie uns Gott in den Zeiten der Verdunkelung der Wahrheit abhanden kam. Patrimonium Verlag)

Corollarium 1
Daß jede erkannte Wahrheit eine friheitsgefährdende ist, ist selbst eine erkannte Wahrheit und müßte so auch dieser Kritik unterliegen.
    

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