Samstag, 30. Dezember 2017

Die Menschenrechte- totes Christentum?

"Berliner Tagesspiegel lobt das Christentum: "Aber seine Botschaft ist klar. Aus den Geboten der Nächstenliebe und Feindesliebe ist die Idee der Menschenrechte entstanden. Sie ist das, was vom Christentum übrigbleibt, wenn man die Religion abzieht." Kath net am 30.12.2017. Aber es kommt noch schlimmer:"Die Menschenrechte sind ein Gedanke der europäischen Aufklärung, undenkbar ohne das christliche Erbe. Dieser Gedanke ist heute die herrschende Ideologie, weltweit."
Wahrhaftig, die Menschenrechtsideologie ist heute weltweit herrschend! Daß in der Französischen Revolution die Guillotine das Vorzugsinstrument der Durchsetzung der Menschenrechte war und heute nicht nur Amnesty International das Menschenrecht der Tötung eigener Kinder, wenn sie noch nicht das Licht der Welt erblickt haben, proklamiert, wird dabei tunlichst übersehen.
Aber was haben die Menschenrechte mit den Geboten der Nächsten- und der Feindesliebe zu tuen? Nichts! Die Menschenrechte sind gegen die Kirche proklamiert worden, sie sind von der Katholischen Kirche bis zum 2.Vaticanum abgelehnt worden als unvereinbar mit dem Glauben der Kirche. Stets lehrte sie, daß es kein Recht des Irrtumes und der Unwahrheit gäbe, also kein positives Recht auf freie Religionsausübung. Wie sollte die Kirche es auch als ein positives Recht ansehen, daß falsche Religionen ausgeübt werden? 
Auch hat die Kirche hellsichtig die Proklamation der Gewissensfreiheit als Angriff auf die Autorität der Kirche begriffen, daß nicht mehr die offenbarten Wahrheiten sondern das individuelle Gewissen die höchste Instanz bildet. Das Anliegen der Aufklärung war es ja, den Menschen zu emanzipieren aus der Autorität der Kirche, daß er allein seiner eigenen Vernunft gegenüber verpflichtet sein soll. 
Aufmerken läßt aber das Urteil, daß wenn man das Christentum religionslos macht (wie es nicht nur D.Bonhoeffer vorschwebte), tatsächlich nur noch die Menschenrechtsideologie übrigbleibt. Aber was ist ein religionsloses Christentum? Das ist so undenkbar wie eine Frau, die kein Mensch mehr sein soll! Eine nichtmenschliche Frau- was mag das nur für eine Chimäre sein?  
Aber der Artikel gibt uns da auch eine Auskunft! Wenn das Christentum keine Religion mehr sein soll, dann hört es auf, Christentum zu sein und es mutiert als tote Religion zu einer Ideologie!  Ob nicht jede Ideologie das Produkt abgestorbener Religion ist, darüber ließe sich trefflich diskutieren! 
Könnte man nun sagen, daß die Menschenrechte irgendwie doch in dem Boden der christlichen Religion wurzeln, vielleicht als uneheliches Kind der christlichen Religion?Geben wir in dieser Causa einmal Karl Marx das Wort. Seine Schrift: "Zur Judenfrage", 1844 gehört nach L. Althusser nicht zum marxistischen Corpus der Schriften von Marx, hier schreibt er eher als radicaler Humanist.  
Marx kritisches Resümee der Menschenrechte lautet: " Keines der sogenannten Menschenrechte geht also über den egoistischen Menschen hinaus, wie er Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft, nämlich auf sich, auf sein Privatinteresse, und seine Privatwillkür zurückgezogenes  und vom Gemeinwesen abgesondertes Individuum ist. Weit entfernt, daß der Mensch in ihnen als Gattungswesen aufgefaßt wurde, erscheint vielmehr das Gattungsleben selbst, die Gesellschaft, als ein den Individuen äußerlicher Rahmen, als Beschränkung ihrer ursprünglichen Selbständigkeit. Das einzige Band, das sie zusammenhält, ist die Naturnotwendigkeit, das Bedürfnis und das Privatinteresse, die Konservation ihres Eigentums und ihrer egoistischen Person." Karl Marx, Zur Judenfrage, Umsturz und Aufbau 1919, S.33.
Die Menschenrechte sind also die wechselseitige Anerkennung als Privatindividuen, die sich gegenseitig zubilligen, egoistsch sein zu dürfen, wenn der eine Egoismus nicht den anderen verunmöglicht. Dieser so sich als Privatindividuum  verstehender Mensch ist von sich selbst entfremdet, weil er sich nicht mehr als einen Menschen begreift, als eine Individuation des Gattungswesens Mensch. In dem Anderen sieht er nur noch ein potentielles Mittel zur Befriedigung seiner Privatwünsche. Er kennt keine Gemeinschaft mehr, in der er sein Gattungsleben als Teil des Ganzen lebt. Der Vertrag zum wechselseitgen Nutzen ersetzt so alle natürlich menschlichen Bindungen- auf dem freien Arbeitsmarkt wird er zur erkaufbaren Ware Arbeitskraft. 
Was soll das mit der christlichen Nächstenliebe zu tuen haben? Ist die Ideologie des Liberalismus, deren Kernpunkte wir in den Menschenrechten vor Augen haben, irgendwie christlich? Bildet der Egoismus das Zentrum der christlichen Religion? Steht nicht viel mehr am Anfang das von Gott auserwählte Volk Israel (und keine Einzelpersonen) und dann die Kirche Jesu Christi als das neue Volk Gottes? Wo verabsolutiert sich hier das Privatindividuum zum Zentrum des Lebens? Ist das nicht schon der Tod der christlichen Religion, da schon Cyprian lehrte: Niemand könne Gott zum Vater haben, der nicht die Kirche zu seiner Mutter habe? 
Vielleicht hat der Berliner Tagesspiegel einfach doch recht, daß das tote Christentum die Ideologie der Menschenrechte als Spukgestalt aus sich heraussetzte!   

1. Zusatz:
Die Kirche kannte bis zum 2.Vaticanum kein positives Recht auf freie Religionsausübung, weil es kein Recht der Unwahrheit und des Irrtumes geben kann; sie tolerierte aber die Ausübung anderer Religionen um des innerweltlichen Friedens willen. 

2. Zusatz
Daß die Ideologie der Menschenrechte eher ihre geistige Heimat in der Freimaurerei als in der christlichen Religion hat, sollte aber allseits bekannt sein:

"In der „Erklärung der Menschenrechte der Französischen Revolution vom 13. September 1791, stark beeinflusst von der amerikanischen Erklärung und auf Initiative des Freimaurers Lafayette angenommen und zuerst in der Loge in Aix-en-Provence konzipiert, heißt es: „Alle Menschen sind von Natur frei und unabhängig. Jede Regierungsgewalt gehört allein dem Volke, die Behörden sind weiter nichts als die Bevollmächtigten und Diener desselben und ihm zu jeder Zeit verantwortlich.“ In der Revolutionsparole „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ sind die Menschenrechte und deren Ausprägungen enthalten und besonders stark in der französischen Freimaurerei verankert. Die Großloge von Wien gründete die österreichische Liga für Menschenrechte."
Quelle: Traktat: Freimaurerei und Gesellschaft. Zur Wirkungsgeschichte der Freimaurerei seit dem 18. Jahrhundert in den USA. Aus Freimaurer-Wiki


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