Donnerstag, 15. Februar 2018

Haben wir Gott getötet? Tötete die Theologie Gott?

Einfache Erklärungen komplexer Ereignisse sind so beliebt gerade weil sie Komplexes auf einfach Einsehbares und Kommunikables reduzieren. Aber in solchem Reduzieren ist auch eine Gefahr  mitgegeben, daß die Realität verkannt wird. Unbestreitbar ist, daß die Kirche seit dem 2. Vaticanum im freien Fall nach unten sich befindet. Umstritten kann nur sein, ob das "seit" rein temporal ist, ohne daß damit ein Zusammenhang mitgemeint ist, oder ob es causal ist, daß dies Reformkonzil eine wesentliche Ursache des Niedeganges ist oder ob geurteiltwerden muß, daß trotz des Konziles jetzt ein Niedergang der Kirche zu konsatieren ist.
Aber wie wäre es, frügen wir mal ganz unzeitgemäß ganz anders. Das Zentrum der christlichen Religion und somit auch der Theologie ist Gott, bzw die Gotteslehre. Könnte der jetzige Niedergang dann wirklich sich unabhängig von der Gotteslehre der Kirche ereignen,sofern wir wirklich von einer grundlegenden Krise sprechen müssen. 
Statt nach dem Anfang zu fragen, ab wann und in welchem Punkte die kirchliche Gotteslehre den ersten Grund oder Anlaß dieser heutigen Krise lieferte, soll nun an den Anfang das Ende der Destruktion Gottes in der postmodernen Theologie gestellt werden, um zu fragen: Was könnten die Emergenzpunkte gewesen sein, die zu so einer deströsen Gotteslehre führten, wie sie der modernistische Jesuit Keller vertritt.  Aus meinem Buch:"Der zensierte Gott" dazu:      
 
Typisch hierfür ist die Meinung des modernistischen Jesuiten Keller: „Außerdem schließt bereits die Absolutheit Gottes es aus, er könne auf irgendeine Weise durch die Welt betroffen oder beeinflusst werden.“1 Gemeint ist damit zweierlei: Gott ist so absolut, daß eine Sünde ihn gar nicht berühren könne, und Gott ist so absolut, daß Gott kein menschliches Gebet erhören könne. „Es widerspricht dem Glauben, durch unser Beten werde Gott veranlaßt etwas zu tun. Das Neue Testament sagt: „Gott ist Liebe“ (1 Joh 4,8 und 16). Er ist nicht 99 Prozent Liebe, nicht noch zu steigern, er ist völlig und pur und allein Liebe. Nichts kann ihn bessern; und wenn alle Menschen tausendfach beteten, würde er um kein Jota gütiger und gnädiger, weil er bereits völlig reine Güte ist, die uns immer schon überschüttet mit unendlicher Liebe. Nur ein Irrglaube kann meinen, Gott sei mit Beten zum Guten zu bewegen. Gott ist unbewegbar.“2

Der Liebesgott der Modernisten, der bedingungslos jeden Menschen liebt, ist ein Gott, der eigentümlich gleichgültig liebt. Ihm ist es egal, ob seine Liebe von uns erwidert wird oder ob wir nichts von ihr wissen wollen. Es ist dieser Liebe gleichgültig, ob wir gemäß dieser Liebe leben oder sündigen. Ja, diesem Gott scheinen die Menschen, die er liebt, letztendlich gleichgültig zu sein. Ganz anders der Gott der Tradition: Er wendet sich so sehr den Menschen zu, daß er in seiner Liebe zu den Menschen sich wirklich engagiert. Er zürnt dem Untreuen, er läßt sich durch unsere Sünden verletzen, er will unsere Umkehr, weil er uns liebt. Er zürnt, wenden wir uns stattdessen von ihm ab. Er läßt sich aber wiederum von uns bewegen. Durch Opfer und Gebete, die Menschen ihm darbringen, ist er umstimmbar, weil er als liebender Gott in einer lebendigen Beziehung zu uns lebt. Und das ist eine ganz und gar von der modernistischen Theologie verschiedene Gottesvorstellung, in der Gott nur noch wie eine tote Sonne ihr Liebeslicht auf alles ausstrahlt, völlig gleichgültig den Empfängern gegenüber, weil Gott sonnengleich alle gleich liebt und genau genommen dabei niemanden wirklich liebt, weil die Menschen ihm in dem, wie sie auf Gottes Liebe antworten, gleichgültig sind.
1Keller, A., SJ, Grundkurs des christlichen Glaubens. Alte Lehren neu betrachtet, 2011, S. 301.
2Keller, A. a.a.O. S. 483.

Der Vorzug dieses postmodernen Gottesbildes ist evident. Gott wird hier gemäß den Nützlichkeitserwägungen einer multikulturellen und multiethnischen Gesellschaft konstruiert: Wie ist Gott zu denken, damit er optimal funktional ist für eine so postmodern pluralisierte Gesellschaft oder wie muß Gott minimalistisch gedacht werden, damit die christliche Religion nicht selbst Grund für Konflikte in so gearteten Gesellschaften wird. Es handelt sich also um eine Fortfühung des Programmes der Domestikation Gottes durch die Aufklärung als eine Reaktion auf die innerchristlchen Religionskriege des 17. Jahrhundertes.
Aber dieser Domesikationsversuch konnte doch nur gelingen, wenn schon in der diesem Domestikationskonzept vorliegender Tradition der Gotteslehre es zumindest Anknüpfungspunkte gab, von wo aus dann diese Domestikation vollzogen werden konnte. 
Der modernistische Zeller zeigt uns nun selbst diese Ausgangspunkte in der traditionellen Gotteslehre an, die er verabsolutierend dann zu einer häretischen Gotteslehre "weiterentwickelt".  
Der Kandidat für die Domestikation Gottes ist in der Vollkommenheitslehre zu finden, sozusagen im Embryonalzustand. Das Ziel der Umformung der Gotteslehre ist ein Gott der Gleichgültigkeit, der nur noch liebt um zu jedem zu sagen: Du bist in Ordnung  und dein Nächster auch und dem es gleichgültig ist, ob und wie Menschen seine Liebe respondieren. Damit kann die christliche Religion vollständig in einen prakizierten Humanitarismus (Arnold Gehlen) umgeformt werden. Dem korreliert das Selbstverständnis des heutig gelebten Christentumes: Christ sein heißt, an es in göttliches Wesen zu glauben und sich bemühen, moralisch anständig zu leben. 
Aber wie setzte diese Umformung wo in der Gotteslehre an? Der Verdacht:Daß Gott so als Vollkommenheit gedacht wurde, daß damit der Tod Gottes vorpogramiert ist. Nietzsches Diktum: "Wir haben Gott getötet!" könnte auch so gedeutet werden- gewiß dann nicht im Sinne der Urheberintention, aber das ist spätestens seit dem Essay von Roland Bathes: "Der Tod des Autors" auch erlaubt. Texte emanzipieren sich von der Autorenintention, werden so zu etwas Objekiven, das Gehalte in sich trägt, die nicht vom Autoren bewußt beabsichtigt waren. 
Das Problem läßt sich im Blick auf Zellers Gotteslehre auf eine Frage reduzieren: Ist Gott so als Vollkommenheit zu denken, daß sein Denken,Wollen und Tuen durch seine göttliche Natur als determniert zu denken ist? Wäre Gott vollkommen durch sich selbst deteminiert zu denken, kann nicht mehr gedacht werden, daß Gott eine wirklich lebendige Geschichte mit Menschen eingehen kann. Nur wenn Gott auch als freies Subjekt gedacht wird, kann es eine Beziehungsgeschichte Gottes mit Menschen geben, in der auch Gott kontingent sich zum kontingenten Verhalten der Menschen verhält. Die radicalste Alternative dazu präsentieren Luther, Zwingli und Calvin in ihrem theozentrischen Determinismus, daß Gott allein alles bestimmt. Hier kann es dann auch keine Religion mehr geben, der Tod der Religion ist da vorprogramiert.
Aber was beenträchtigt in der traditionellen Gotteslehre die Feiheit Gottes und damit auch seine Lebendigkeit? Denn man kann urteilen, daß ein durch sich selbst vollständig determiniertes Wesen faktisch ein totes ist. 
Als provokannte Frage soll deshalb. Starb Gott an seiner Vollkommenheit, oder besser formuliert: Tötete die Theologie Gott mit ihrer Vollkommenheitslehre?  Der Gott des Modernisten Zeller ist ja faktisch ein toter Gott! 
Versuchen wir, durch Fragen dem näher zu kommen!
Konnte Gott wirklich eine andere Welt schaffen als die, die er geschaffen hat, wenn er nur die vollkommendste denken, wollen und realisieren kann? Oder könnte es mehrere Möglichkeiten vollkommender Welten für Gott geben? 
Wenn Gott immer vollkommen die Welt erhält, regiert, kann dann der Lauf der Geschichte auch noch anders verlaufend vorgestellt werden, oder müssen wir dann glauben, daß wir immer schon in der bestmögllichen leben, weil Gott allein ihr Herr ist. (Vgl Leibniz) 
Kann dann wirklich noch geglaubt werden,, daß Gott Gebete und Opfer erhören kann? Oder ist Gott so durch seine Natur zur Liebe und Barmherzgkeit determiniert, daß jeder religiöse Kult überflüssig ist, es sei denn er diene ausschließlich der Gemeinde?(So Kant)
(Es ist bezeichnend, daß im Calvinismus  ob seiner deterministischen Gnadenwahllehre zum erstenmale in einer Religion das Gebet für Verstorbene verurteilt und verboten wurde, weil Gott allein zum ewigen Leben erwählt, wenn er will und verwirft, wen er will, sodaß ein Gebet für Verstorbene  ein Beten wider Gott ist, denn er hat ja in Ewigkeit erwählt und das kann selbst Gott nicht durch eine Gebetserhörung ändern!)
Anders gefragt: Muß nicht, damit Gott ein Gott in einer lebendigen Geschichte mit Menschen sein kann, er selbst als Freiheit  gedacht werden? Aber wenn Gottes Freiheit nur darin bestünde, daß er dazu determiniert ist, immer nur vollkommen denken, wollen und realisieren zu können, dann kann er nicht mehr als lebendig und als beziehungsfähig zu Menschen gedacht werden. So stürbe Gott an seiner eignen Vollkommenheit bis er zum toten Gott des Modernismus wird, wie bei Keller! 

Zusätze
In der traditionellen Gotteslehre findet sich dann bei aufmerksamer Lektüre eine innere Unausgeglichenheit zwischen der Betonung des kontingenten Wirkens des dreieinigen Gottes nach außen und seine sein Wirken determinierende göttliche Natur. Nach meinem Leseeindruck war und ist es das Verdienst Wilhelm Ockhams, Gott radical als Freiheit zu denken. Hier könnte positiv angknüpft werden auch dann im Blick auf das Freiheitsverständnis Sartres, der an Ockham sehr interessant anknüpft.  
   
 

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